RASt 06

Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen (FGSV)

In der Bundesrepublik Deutschland werden die Richtlinien von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) entwickelt und vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) mit einem Runderlass eingeführt. In den jeweiligen Regelwerken sind allerdings nur Teilaspekte der Barrierefreiheit behandelt, daher sind die entsprechenden Normen der Barrierefreiheit in der Planung und Bauausführung mit einzubeziehen.

 Die Regelwerke lassen sich in die vier Kategorien mit abgestufter Bedeutung einteilen:

  • Regelwerk R1 ►besitzen bei Vertragsvereinbarungen eine hohe Verbindlichkeit (Richtlinien)
  • Regelwerk R2 ►empfehlen ihre Anwendung als Stand der Technik (Merkblätter und Empfehlungen)
  • Wissensdokument W1 ► geben aktuellen Wissensstand innerhalb der FGSV-Gremien wieder (Hinweise)
  • Wissensdokument W2 ► geben Auffassung eines einzelnen FGSV-Gremiums wieder (Arbeitspapiere)

Merkblatt über den Rutschwiderstand von Pflasterdecken und Plattenbelägen für den Fußgängerverkehr

(FGSV 407, Systematik R 2), Ausgabe 2020

Dieses Merkblatt gilt für die Bestimmung und Bewertung des Rutschwiderstandes von Pflasterdecken und Plattenbelägen in kommunalen Verkehrsflächen, wie zum Beispiel verkehrsberuhigte Bereiche, Fußgängerzonen, Fußgängerbereiche, Fußgängerstraßen, Geh- und Fußwege. Darin eingeschlossen sind die von Fußgängern genutzten Bereiche von Randeinfassungen und Entwässerungsrinnen. Behandelt werden rechtliche Hinweise, Mess- und Prüfverfahren, die Bewertung des Rutschwiderstandes anhand der SRT-Werte, Hinweise zur Auswahlentscheidung bei neu herzustellenden Flächen, Informationen zur Instandsetzung von Pflasterdecken und Plattenbelägen sowie geltende Normen, Gesetze und Technische Regelwerke.
Ersetzt die Ausgabe von 1997.

RASt 06 – Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen, Ausgabe 2006
– enthält zahlreiche Regelungen über Nutzungsansprüche von mobilitätsbehinderten Menschen im Verkehrsraum (z.B. Gehwegbreiten, Bordabsenkungen)

EFA – Empfehlungen für Anlagen des Fußgängerverkehrs, Ausgabe 2002
– beinhaltet relevante Entwurfselemente des Fußgängerverkehrs (z.B. Einrichtungen und deren Abmessungen für das Überqueren der Fahrbahn)

EAR – Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs, Ausgabe 2005
– umfasst Entwurfsmerkmale von Parkflächen, sie einwandfrei einzuordnen, benutzerfreundlich und barrierefrei auszustatten

EAÖ – Empfehlungen für Anlagen des öffentlichen Personennahverkehrs, Ausgabe 2013
– vermittelt umfassende und übersichtliche Darstellung aller für den ÖPNV relevanten Entwurfsdaten für die Planungsarbeit

R-FGÜ – Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen, Ausgabe 2001
– legt die Ausstattung fest für das Überqueren der Straße mit Zebrastreifen

RiLSA – Richtlinien für Lichtsignalanlagen – Lichtzeichenanlagen für den Straßenverkehr, Ausgabe 2015
Die Richtlinien enthalten grundlegende verkehrstechnische Bestimmungen und Empfehlungen für die Einrichtung und für den Betrieb von Lichtsignalanlagen. Sie wurde an die neue StVO angepasst und als Ausgabe 2015 herausgegeben. Die Ausgabe 2015 der RiLSA ersetzt die Ausgabe 2010.

ERA – Empfehlungen für Radverkehrsanlagen, Ausgabe 2010
– ersetzt die ERA 95, Ausgabe 1995, und die „Hinweise zur Beschilderung von Radverkehrsanlagen“
nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO, Ausgabe 1998.

H VÖ – Hinweise für den Entwurf von Verknüpfungsanlagen des öffentlichen Personennahverkehrs, Ausgabe 2009
– ersetzt die Ausgabe „Empfehlung für Planung, Bau und Betrieb von Busbahnhöfen“ Ausgabe 1994

H BVA – Hinweise für barrierefreie Verkehrsanlagen, Ausgabe 2011
– vertieft nach dem aktuellen Wissensstand die notwendigen Anforderungen an barrierefreien Verkehrsanlagen. Darin werden neben der Konkretisierung höherrangiger FGSV-Regelwerke, wie z. B. der RASt 06, der EAÖ oder den ERA, im Hinblick auf Barrierefreiheit, hauptsächlich Festlegungen von Leitlinien nach den Prinzipien im „Design für Alle“ Bewertungs- und Orientierungshilfen aufgezeigt. Die H BVA ist keine Richtlinie zur Entwurfsgestaltung und vermittelt keine konkreten Planungsdetails!

Eine Zusammenstellung aller Technischen Regelwerke befindet sich im https://www.fgsv-verlag.de/.

Musterplan barrierefreie Überquerungsstellen im Straßenraum
Musterplan barrierefreie Überquerungsstellen im Straßenraum

Allgemeines über Überquerungsanlagen

Überquerungsstellen für Fußgänger werden angelegt bei plangleichen Knotenpunkten wie Kreuzungen, Einmündungen oder Kreisverkehren und auch im Verlauf einer Straße. Die Entscheidung über die Anordnung von Überquerungsanlagen richtet sich nach den Kriterien der „Richtlinien für die Anlagen von Stadtstraßen“ (RASt 06) mit den Festlegungen zum Überquerungsbedarf für die Fußgänger.

Die Grundelemente barrierefreier Überquerungsstellen sind in der

  • DIN 18040-03 Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 3: Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum
  • DIN 32984 Bodenindikatoren im öffentlichen Raum

aufgeführt.

Bodenindikatoren

Die Überquerungsstellen am Gehweg müssen für blinde und sehbehinderte Menschen eine eindeutige Auffindbarkeit zum Bordstein am Fahrbahnrand garantieren. Dazu sind in Kombination von Auffindestreifen und Richtungsfeld Bodenindikatoren anzulegen. Der Auffindestreifen besteht aus diagonaler Noppenstruktur und verläuft über die gesamte Gehwegbreite bis zum Richtungsfeld in Rippenstruktur am Bordstein. Das Regelmaß der Verlegebreite beträgt 90 cm, die Tiefe vom Richtungsfeld 60 cm.

Übersichtskizze Gesicherte Überquerungsstellen DIN 18040-3 u DIN 32984
Beispielskizze von Überquerungsstellen mit Lichtsignalanlage unter Verwendung unterschiedlicher Bordsteinausbildung

Gemeinsame Überquerungsstelle mit einheitlich 3 cm Bordhöhe

Zwischen den Anforderungen von Rollstuhl- und Rollatornutzern nach leichter Überrollbarkeit von Bordsteinkanten und den Anforderungen blinder und stark sehbehinderter Menschen nach deren Taktilität mit dem Langstock, besteht ein deutlicher Zielkonflikt. Die Absenkung der Bordsteinkante auf 3 cm gilt seit Jahrzehnten als sinnvoller Kompromiss, der sich bereits in der DIN 18024 von 1974 niederschlug und auch bis heute in der DIN 18040-3 beibehalten wurde. Maßgebend ist jedoch die Änderung, dass die Bordsteinhöhe genau auf 3 cm Ansicht abgesenkt wird (keine Höhentoleranz weder nach unten noch nach oben!) und dass die Ausformung der Bordsteinkante exakt 20 mm betragen muss (DIN 18040-3).

Getrennte Überquerungsstelle mit differenzierter Bordhöhe

Alternativ zum bestehenden Kompromiss der Überrollbarkeit und Ertastbarkeit der 3 cm Bordhöhe zwischen Menschen mit fahrbaren Mobilitätsmitteln sowie blinden und sehbehinderten Menschen, werden in der RASt 06 und in der DIN 32984 getrennte Lösungsmöglichkeiten im Überquerungsbereich mit Hilfe differenzierter Bordhöhe aufgezeigt. Darin werden innerhalb der Überquerungsstelle auf der einen Seite am Lichtsignalgeber Menschen mit Gehbehinderungen oder mit fahrbaren Mobilitätsmitteln die Bordsteinabsenkung auf Fahrbahnniveau (Nullabsenkung) zugeordnet, auf der anderen Seite vom Ampelmast blinde und sehbehinderte Fußgänger über einen Auffindestreifen zu ihren tastbaren 6 cm hohen Bordstein geführt.

Vorteil:

Eine getrennte Führung schafft mehr Klarheit.

Mithilfe differenzierter Bordhöhe kann jeder Passant seinen eigenen Querungsbereich nach seinem Ermessen auswählen, wie er die Straße überqueren will. Getrennte Überquerungsstelle mit differenzierter Bordhöhe werden deshalb als Vorzugsvariante angesehen. Diese Bauweise verlangt allerdings perfekte Ausführungszeichnungen und erfordert eine exakte Bauausführung.

Merkmale sind:

  • Menschen mit fahrbaren Mobilitätsmitteln fahren über eine auf Fahrbahnniveau abgesenkte profillose kurze Rampe oder auf „Null cm“ abgesenkte Borde (Nullabsenkung).
  • Der Rampenbereich (Nullabsenkung) wird durch ein wahrnehmbares Sperrfeld als Schutz blinder und sehbehinderter Fußgänger gegen ein unbeabsichtigtes Überlaufen mit Rippenstruktur parallel zum Fahrbahnrand abgesichert.
  • Für Personen mit fahrbaren Mobilitätsmitteln ist der auf Fahrbahnniveau abgesenkte Bereich an der kreuzungszugewandten Seite anzulegen.
  • Blinde und sehbehinderte Menschen erhalten ihre sichere tastbare Bordsteinkante dementsprechend an der kreuzungsabgewandten Seite.
  • Das Auffinden der Überquerungsstelle für blinde und sehbehinderte Menschen erfolgt mittels Bodenindikatoren, die quer über den gesamten Gehweg verlegt, am 6 cm hohen Bord anschließen.
  • Bei Überquerungsstellen mit Lichtsignalanlage befindet sich der Blindenübergang am Auffindestreifen (Richtungsfeld) unmittelbar neben dem Signalgeber (maximaler Abstand 25 cm).
  • Überquerungsstellen an Fußgängerüberwegen sollten zwischen Sperrfeld und Auffindestreifen einen möglichst großen Abstand aufweisen (> 60 cm), damit die unterschiedlichen Bodenindikatoren in unmittelbar Nähe zu keiner Unsicherheit der Langstocknutzer führen.
  • Der Einsatz der Bodenindikatoren ist auf ein Mindestmaß fixiert.

Beispiel getrennte Überquerungsstelle am Fußgängerüberweg

(Auszug aus Handbuch Teil II, Abschn. 10.9.3)
Die Anzeige der seitlich gelegenen Überquerungsstelle im Gehweg erfolgt durch die Kombination des Auffindestreifens mit dem Richtungsfeld an der Bordsteinkante. Zwischen Richtungsfeld und dem Sperrfeld an der Nullabsenkung, ist ein seitlicher taktilloser Abstand notwendig, damit der unterschiedliche Richtungsverlauf der Rippenelemente taktil wahrgenommen werden kann. Die differenzierten Bordsteinhöhen sind passgenau einzuhalten!

Chronologie zu Überquerungsstellen

Gemeinsame Überquerungsstelle (Beispiel Fulda)
Typische Überquerungsstelle aus den 1975er Jahren. Bordabsenkung auf 5 cm, Kantenausrundung 10 mm mit weißer Randeinfassung! Zur damaligen Zeit eine aktuelle Überquerungsstelle. Für Rollstuhlbenutzer noch mögliche Bordsteinüberfahrt. Sehr gute Tastbarkeit mit dem Blindenlangstock, seitliche Tastkante an der Mittelinsel vorhanden. Bestehender optischer Kontrast Bordstein/Fahrbahn. Auffindestreifen sind noch nicht vorgesehen.

2003 – Gemeinsame Überquerungsstellen mit Bodenindikatoren (Beispiel Fulda)
Durchgehende Bordsteinhöhe von 3 cm mit Rundbord r2. Die Kontrastität der Borde wurde vernachlässigt. Einschränkung der Taktilität mit dem Blindenlangstock beim Verlassen des Gehweges. Für Rollstuhlnutzer Bordsteinüberfahrt möglich. Auffindestreifen in orthogonaler Noppenstruktur und noch ohne Richtungsfeld an der Bordsteinkante.

Seit 2007 – Getrennte Überquerungsstellen (Beispiel Fulda)
Konventionelle Randeinfassung mit Rundbord r2, für Fußgängerverkehr mit tastbare Bordhöhe von 4 cm. Für blinde und sehbehinderte Menschen, Auffindestreifen in orthogonaler Noppenstruktur, Richtungsfeld in Rippenstruktur am Bordstein.
Partielle Bordabsenkung auf Fahrbahnniveau für Menschen mit fahrbaren Mobilitätsmitteln. Ausbildung Nullabsenkung mit Sperrfeld in Rippenstruktur.

Seit 2009 – Getrennte Überquerungsstellen mit Sonderborden (Beispiel Fulda)
Erstanwendung von Sonderborden in Bordsteinhöhe von 6 cm in Farbe weiß. Taktile Kantenausrundung von 15 mm. Partielle Nullabsenkung über einem berollbaren Bord. Kontrastierende Randeinfassung einschließlich kontrastierende Begleitfläche. Auffindestreifen erstmalig mit trapezförmigen Noppen, Richtungsfeld unverändert in Rippenstruktur.

Seit 2011 – Erste ungesicherte Überquerungsstelle (in Fulda):
Testbegehung im März 2012 durch blinde und hochgradig sehbehinderte Probanden. Hier wird mit den Bodenindikatoren kenntlich angezeigt, dass an diesem Übergang keine LSA oder kein FGÜ ansteht. Die Ausbildung einer ungesicherten Überquerungsstelle erfolgt mit einem verkürzten Auffindestreifen in Noppenstruktur an der inneren Leitlinie bis zum Richtungsfeld im Abstand von 90 cm, mind.60 cm, wie im Bild zu sehen ist.
Erst mit der DIN 32984:2020-12 wurde diese Bauweise übernommen.
(Siehe auch Ungesicherte Überquerungsstellen).

Thematik im Handbuch

Ausführliche Informationen und umfangreiche Detailzeichnungen
von Überquerungsstellen sind im Handbuch „IM Detail – Gestaltung barrierefrei Verkehrsraum, Teil 2“ aufgezeichnet.

Planung barrierefreie Fussgängerüberwege
Anwendungsbeispiel gesicherte Überquerungsstellen an einer Hauptverkehrsstraße

Borde an Überquerungsstellen verlangen einen passgenauen Einbau

  1. Borde mit einheitlich 3 cm Höhe
    Der Einbau von Fahrbahndecken unterschreitet sehr häufig diese 3 cm hohe Bordsteinkante, so dass für die rollennutzenden Verkehrsteilnehmer ein Vorteil entsteht, jedoch nicht für die blinden und sehbehinderten Menschen mit ihrem Langstock. Ihnen fehlt die sichere tastbare Kante zwischen Fahrbahn und Gehweg. Diese Übergangsform sollte nach den heutigen Kenntnissen nur dort angewendet werden, wo eine getrennte Bauweise zwischen beiden Behindertengruppen nicht möglich ist. Die Einbauhöhe von 3 cm muss allerdings unbedingt eingehalten werden!
  2. Borde mit differenzierter Höhe
    Im Einmündungsbereich der Seitenstraße ist als Beispiel eine Fahrbahnüberquerung ohne Lichtsignalanlage und ohne Zebrastreifen vorgestellt, die als „Ungesicherte Überquerungsstelle mit differenzierter Bordhöhe“ nach DIN 18040-3 und DIN 32984 definiert ist. Fußgänger die entlang der Hauptstraße die Seitenstraße überqueren, können in der bleibenden Gehrichtung den abgesenkten 3 cm Bord überqueren. Menschen mit Mobilitätseinschränkungen haben die Möglichkeit je nach ihrem Bedarf seine Überquerung auszusuchen, entweder die Nullabsenkung oder den 6 cm hohen Bord.

Kurzerläuterungen

Auf der Fahrbahn, breit angelegte Markierungen mit „Zebrastreifen“ kennzeichnen den Fußgängerüberweg für eine gesicherte Straßenüberquerung für alle Fußgänger nach § 26 der StVO.

Am kleinen Kreisverkehr ist eine barrierefreie Überquerungsstelle mit getrennter Fußgängerführung dargestellt. Die Verkehrsteilnehmer die über eine Bordsteinkante die Fahrbahn bevorzugen, können über ihrem Querungsbereich die Fahrbahn überqueren. Menschen mit fahrbaren Mobilitätsmitteln oder mit Gehbehinderungen, die eine Absenkung der Bordsteinkante auf Fahrbahnniveau benötigen, wählen ihren Überfahrts- oder Gehbereich. Diese Lösung entschärft den noch bestehenden Interessenkonflikt zwischen den einzelnen Behindertengruppen. Diese Bauweise „Getrennte Überquerungsstelle mit differenzierter Bordhöhe“ setzt sich in der Bundesrepublik mehr und mehr durch.

Der dargestellte Fußgängerüberweg in der Hauptstraße mit einheitlicher Bordhöhe von 3 cm ist die weitverbreitteste und älteste Überquerungsform bundesweit. Sie stellt an der Übergangsstelle einen Kompromiss für alle Verkehrsteilnehmer dar. Sowohl für blinde und sehbehinderte Menschen als auch für Menschen mit fahrbaren Hilfsmitteln erweist sich diese Bordüberquerung jedoch als eine unzufriedene Lösung. Sie ist aber aus topografischen Gründen noch notwendig. Diese Bordhöhe sollte zur allseitigen Funktionsfähigkeit aller Behindertengruppen strikt eingehalten werden und der Kantenradius 20 mm nicht überschreiten (DIN 18040-3).

Zeichenerklärung

Die Zahlen verweisen auf eine Kurzbeschreibung im gesonderten Textfeld

Die Gestaltung dieser Verkehrsanlage unterliegt u.a. folgenden Regelwerken und Normen:

  • RASt 06: Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen
  • EFA: Empfehlungen für Anlagen des Fußgängerverkehrs
  • R-FGÜ: Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen
  • ERA: Empfehlungen für Radverkehrsanlagen
  • DIN 32984: Bodenindikatoren im öffentlichen Raum
  • DIN 32975: Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum zur barrierefreien Nutzung

Thematik im Handbuch

Einzelheiten konstruktiver Planungsbeispiele sind im Handbuch
„IM DETAIL – Gestaltung barrierefreier Verkehrsraum, Teil II“  aufgezeichnet.

Fachwissen und praktische Hinweise zum Thema:

Fußgänger-Überquerungsstellen

Wir betrachten folgende Bereiche:

Zeitliche TrennungVorrang FußgängerVorrang KfzRäumliche Trennung
Lichtsignalanlage (LSA)Fußgängerüberweg (FGÜ)ÜberführungUnterführung
ohne / mit baulicher Unterstützung
(Mittelinsel)
ohne / mit baulicher Unterstützung
(Mittelinsel, Teilaufpflasterung, vorgezogener Seitenraum, Einengung)
Treppen / Rampen
(planfreie Querungsanlagen)
Gesicherte QuerungGesicherte QuerungUngesicherte QuerungUnabhängige Querungen

Überblick Überquerungsstellen

Fußgänger-Überquerungsanlagen werden in verkehrlicher und baulicher Hinsicht in Überquerungsanlagen mit und ohne Vorrang für den Fußgängerverkehr sowie mittels zeitlicher oder räumlicher Trennung unterschieden. Überquerungsstellen können sowohl an Kreuzungen bzw. Einmündungen oder auch zwischen diesen angelegt werden, dabei ist die barrierefreie Nutzung von differenzierter Fußgängergruppen zu berücksichtigen (z. B. Kinder, Senioren, mobilitätsbehinderte Menschen, wie mit Gehbehinderungen, Seheinschränkungen usw.). Daraus ergeben sich mit den entsprechenden verkehrlichen Anforderungen die gestalterische Ausbildung von Überquerungsanlagen.

Die räumliche Trennung des Fußgängerverkehrs vom übrigen Verkehr durch Über- oder Unterführungen innerhalb bebauter Gebiete ist nicht mehr zeitgemäß. Probleme bestehen für Menschen mit Behinderungen, weil derartige Anlagen in der Regel umständlich nutzbar sind und aufgrund negativer Eigenschaften wie Umweg, Steigung und mangelnde soziale Sicherheit (Angstraum) auch durch andere Fußgänger teilweise gemieden werden. Über- und Unterführungen sollen nur noch neu angelegt werden, wenn dies durch die topographischen Verhältnisse Vorteile für die Fußgänger bietet (EFA, 3.3.7.1).

Normen und Regelwerke von Überquerungsstellen

Planung barrierefreie Getrennte Überquerungsstellen
Anzeigen von Überquerungsstellen (nach DIN 32984)​

Zur Planung und Herstellung von Überquerungsstellen gelten folgende Vorgaben:

Die bauliche Gestaltung von barrierefreien Überquerungsstellen sind neben den DIN-Normen zur Barrierefreiheit diesbezüglich auch relevante Regelwerke der FGSV maßgebend. Sie dokumentieren den aktuellen „Stand der Technik“, und vermitteln ebenfalls Verweisungen zur barrierefreien Nutzung von Verkehrsanlagen.

Normen:
DIN 18040 Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen
Teil 3: Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum
DIN 32975 Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum zur barrierefreien Nutzung
DIN 32984 Bodenindikatoren im öffentlichen Raum
DIN 32981 Einrichtungen für blinde und sehbehinderte Menschen an Straßenverkehrs-Signalanlagen (SVA) – Anforderungen

Relevante Regelwerke
RASt 06 Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen
R-FGÜ Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen
EFA 2002 Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen
ERA 2010 Empfehlungen für Radverkehrsanlagen
ESG 2011 Empfehlungen zur Straßenraumgestaltung innerhalb bebauter Gebiete
H BVA 2011 Hinweise für barrierefreie Verkehrsanlagen

Thematik im Handbuch

Planungsdetails zu Überquerungsstellen siehe Handbuch Teil 2 „IM DETAIL – Gestaltung barrierefreier Verkehrsraum“

Bodenindikatoren

Gesicherte Überquerungsstelle mit differenzierter Bordhöhe (Fulda 2016)

Legende

  1. Auffindestreifen (Noppen)
  2. Richtungsfeld (Rippen)
  3. Begleitstreifen (strukturlos)
  4. Sperrfeld (Rippen parallel zum Rampenbord)
  5. Tastbord 6 cm hoch
  6. Rampenbord 0/3 cm
Ungesicherte Überquerungsstelle mit differenzierter Bordhöhe (Fulda 2015)

Legende

  1. verkürzter Auffindestreifen (Noppen)
  2. Richtungsfeld (Rippen)
  3. Lücke mit Begleitstreifen (strukturlos)
  4. Sperrfeld (Rippen parallel zum Rampenbord)
  5. Tastbord 6 cm hoch
  6. Rampenbord 0/3 cm

Ausführungsbeispiele

  • Gesicherte Überquerungsstellen
    Für das Auffinden der Überquerungsstellen für blinde und sehbehinderte Menschen sind Bodenindikatoren notwendig. Das erfolgt über diagonale Noppenfelder als Auffindestreifen von ca. 60 bis 90 cm Tiefe quer im Gehweg verlegt, bis zum Richtungsfeld in Rippenstruktur. Das Rippenfeld von 60 bis 90 cm Tiefe bestimmt in deren Rippenausrichtung mit dem Langstock, die Gehrichtung über die Straße.
  • Ungesicherte Überquerungsstellen
    An ungesicherten Überquerungsstellen wird der quer im Gehweg verlegte Auffindestreifen in diagonale Noppenstruktur unterbrochen. Als verkürzter Auffindestreifen mit der Tiefe von 60 bis 90 cm endet er
    im Abstand von 90 cm (mind. 60 cm) vor dem Richtungsfeld. Die Tiefe des Richtungsfeldes beträgt 60 bis 90 cm Tiefe. Das Rippenfeld bestimmt in deren Rippenausrichtung mit dem Langstock, die Gehrichtung über die Straße.
  • Absicherung differenzierte Bordhöhe auf Fahrbahnniveau
    An Überquerungsstellen mit differenzierter Bordhöhe erfolgt am überrollbaren Bereich für fahrbare Mobilitätsmittel eine Bordabsenkung auf Fahrbahnniveau. Zur Absicherung ungewolltes Betreten dieser Stelle von blinden und sehbehinderten Fußgängern wird ein taktiles Sperrfeld angelegt. Das Sperrfeld besteht aus Rippenstruktur und verläuft parallel zum abgesenkten Bordverlauf (Null cm). Die Tiefe beträgt 60 bis 90 cm unter Einbeziehung der seitlichen Bordsteinverziehung.
Zeichnung - barrierefrei - Einmündung mit LSA
Anwendungsbeispiel gesicherte Überquerungsstelle mit differenzierter Bordhöhe an einer Einmündung mit Lichtsignalanlage, Mittelinsel und Radverkehr

Der Lageplan des Straßenbildes zeigt Lösungsbeispiele für barrierefreie Verkehrsanlagen mit signalisierten Überquerungsstellen an einer Einmündung in Form von getrennten Übergängen mit differenzierter Bordhöhe, die den Sicherheitsanforderungen im Straßenraum entsprechen. Im dunkelgrauen Gehwegbelag ohne Fase mit deren Planebenheit, sind die weißen taktilen Bodenindikatoren an den Überquerungsstellen für alle Verkehrsteilnehmer gut sichtbar gekennzeichnet. Die Anordnung eines Begleitstreifens um die Bodenindikatoren ist demzufolge nicht erforderlich.

Die Gestaltung dieser Verkehrsanlage unterliegt u.a. folgenden Regelwerken und Normen:

  • RiLSA: Richtlinien für Lichtsignalanlagen – Lichtzeichenanlagen für den Straßenverkehr
  • RASt 06: Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen
  • EFA: Empfehlungen für Anlagen des Fußgängerverkehrs
  • DIN 18040-3: Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlage Teil 3: Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum
  • DIN 32984: Bodenindikatoren im öffentlichen Raum
  • DIN 32975: Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum zur barrierefreien Nutzung
  • DIN 32981: Einrichtungen für Blinde an Straßenverkehrs-Signalanlagen (SVA) – Anforderungen

Kurzerläuterungen

Die straßenverkehrsrechtlichen Regelungen beim Queren von Fahrbahnen sind in der Straßenverkehrsordnung festgelegt. Unabhängig von der verkehrsrechtlichen Bedeutung werden an die Qualität der Überquerungsstellen für Fußgänger große Anforderungen gestellt, besonders die Beachtung der Anforderungen für Menschen mit Behinderung. Lichtsignalisierte Überquerungsstellen sollten deshalb die Furtbreite von 4 m nicht unterschreiten, damit die Funktion des Überganges mit all seinen baulichen und technischen Erfordernissen garantiert werden kann.

Die Trassierungsparameter dieser Einmündung mit Lichtsignalanlage wurden nach verkehrlichen Erfordernissen konzipiert, das heißt die Eckausrundungen entsprechen einer dreiteiligen Korbbogenfolge mit R = 20/10/30 m nach einem situationsabhängig gewählten Bemessungsfahrzeug. An diesen Eckausrundungen erfolgt das Anlegen der Fußgängerquerungsanlagen. Für die Bordsteineinfassung des Fahrbahnteilers mit Tropfenform und Mittelinsel wurden als Beispiel weiße kontrastierende Flachborde FB 30/25 gewählt.

Die barrierefreie Hervorhebung dieser Überquerungsanlage wird durch den Einsatz folgender Kriterien bestimmt:

  • Anordnung von Mittelinseln (Fahrbahnteiler in Tropfenform)
  • Absenkung des Fahrbahnrandes nach Nutzergruppen
  • Optisch wahrnehmbare Randeinfassungen innerhalb der Fußgängerfurt
  • Wirksame Hinzuführung von taktilen Bodenindikatoren für blinde und sehbehinderte Menschen
  • Errichtung einer Lichtsignalanlage mit Zusatzeinrichtungen für blinde und sehbehinderte Menschen

Zeichenerklärung

Die Zahlen verweisen auf eine Kurzbeschreibung im gesonderten Textfeld

Thematik im Handbuch

Einzelheiten konstruktiver Planungsbeispiele sind im Handbuch „IM DETAIL – Gestaltung barrierefreier Verkehrsraum, Teil II“ aufgezeichnet.

barrierefreie Gestaltung - Nullabsenkung mit Radfaher
Ausführungsbeispiel einer lichtsignalisierten Überquerungsstelle mit differenzierter Bordhöhe nach DIN 18040-3 und DIN 32984

Dieses Bild zeigt eine lichtsignalisierte getrennte Überquerungsstelle mit differenzierter Bordhöhe, wo zwei Radlerinnen vom Radweg abweichend über einen Rampenbordstein eine andere Richtung einschlagen. Blinde und sehbehinderte Menschen nutzen ihren Querungsstelle mit anliegenden Bodenindikatoren am Lichtsignalmast am 6 cm hohen
Tastbordstein.

Planungsbeispiel Querschnitt-Nullabsenkung
Querschnitt Rampenbordstein an einer Nullabsenkung

Die Rampenneigung sollte bei 30 cm breiten Rampenbordstein 10 % nicht übersteigen, damit Personen mit fahrbaren Hilfsmitteln gefahrlos und leicht diesen Bereich überqueren können. Eine maximale Erhöhung auf 12 % ist nach Normvorgabe bis zu 1,00 m Länge möglich (DIN 18040-3).

Barrierfereiheit Bordstein - Nulllabsenkung mit Rollstuhl
Ausführungsbeispiel Rampenbordstein mit 10 % Neigung und 6 %.im Bereich des Sperrfeldes

Diese Ausführung ermöglicht eine problemlose Überfahrt von handbetriebenen Rollstühlen auch für ältere Personen.

Barrierefreiheit - Kugelspitze bei 4 cm Fallhöhe
Darstellung der Fallhöhe eines Langstockes an einer Überquerungsstelle am 6 cm hohen Tastbord

Im Bild ist zu sehen, wie der Blindenlangstock an der Überquerungsstelle beim senkrechten Schieben die Bordsteinkante sicher ertastet. Für diese Kugelform der Stockspitze ist die Einhaltung der Falllinie von 3 bis 4 cm am Tastbord besonders wichtig. Dabei darf die Kantenausformung des Bordes 20 mm nicht  überschreiten. Durch die weißen Borde am Fahrbahnrand ist der visuelle Kontrast zur Fahrbahn gut zu erkennen.

Planung barrierefreie Überquerungsstelle - Querungshilfe - Taktilität Rollkugel
Darstellung der Fallhöhe vom Blindenlangstock einer Überquerungsstelle am 6 cm hohen Bordstein mit taktiler Erkennbarkeit des Fahrbahnrandes.

Die Rollspitze „fällt“ deutlich spürbar vom Gehweg auf das Straßenniveau hinab. Dabei ist notwendig, dass bei 6 cm Tast-Bordhöhe die Ausbildung des Kantenradius 20 mm nicht übersteigt.

Planung barrierefreie Überquerungsstelle - Querungshilfe - Taktilität Rollkugel
Darstellung der Fallhöhe vom Blindenlangstock einer Überquerungsstelle am 3 cm hohen Tastbordstein (ein unzufriedener Kompromiss für alle Behinderten)

In dieser Querschnittszeichnung ist zu sehen, dass die Kugelspitze bei 3 cm Bordhöhe noch nicht die effektive Falllinie erreicht hat (nur 1 cm). Bei Ablenkung oder Unachtsamkeit des Langstocknutzers besteht die Gefahr, dass die Bordkante überrollt wird. Deshalb ist bei dieser Bordgestaltung auf exakte Einhaltung der Einbauhöhe und der Kantenausformung von 20 mm zu achten. Das ist ebenso bedeutungsvoll für Rollstuhlnutzer mit Handantrieb, wenn sie von der Fahrbahn über den Bordstein auf dem Gehweg fahren.

An dieser Überquerungsstelle mit Lichtsignalanlage erfolgte die Bordgestaltung mit differenzierter Bordhöhe. Einerseits der Nutzung für den allgemeinen Fußgängerverkehr mit einer taktilen Bordsteinkante, andererseits auf Fahrbahnniveau abgesenkte Borde für Personen mit fahrbaren Mobilitätsmitteln. Dieses Überquerungssystem erfolgt über der gesamten Querungsfurt der Fahrbahn, dabei ist die Mittelinsel miteinbezogen. Im Video ist gut zu sehen, wie der Rollstuhlnutzer zügig ohne körperliche Erschwernis seine Nullabsenkung im Überquerungsbereich fährt.

Anforderungen an Borde von Überquerungsstellen

Norm: DIN 18040-3

Bordsteine übernehmen im Straßenraum die Funktion einer sicheren Abgrenzung unterschiedlicher Verkehrsarten. Barrierefreie Überquerungsstellen müssen mindestens an allen Kreuzungen und Straßeneinmündungen vorhanden sein, es sei denn, eine Überquerung der Fahrbahn ist für Fußgänger ausgeschlossen. Sie müssen für Rollstuhl und Rollatornutzer ohne besondere Erschwernis sowie für blinde und sehbehinderte Menschen eindeutig auffindbar und sicher nutzbar sein (vgl. 5.3.1).

Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06)

Bisher galt bei den Überquerungsstellen eine Absenkung der Borde auf 0 bis 3 cm (vgl. 6.1.6.2). Die sogenannte Null-Absenkung führt häufig zu Problemen mit der Entwässerung und ist von Menschen mit Seheinschränkungen nicht ertastbar. Deshalb ist die Einbauhöhe von 3 cm an Überquerungsstellen notwendig. Diese Höhe gilt aber als ein unzufriedener Kompromiss zwischen den Anforderungen unterschiedlicher Gruppen mobilitätseingeschränkter Menschen. In den RASt 06 wurde daraufhin erstmalig eine Fußgängerfurt mit differenzierten Bordhöhen vorgestellt (Bild 104). Damit soll der bestehende Kompromiss zwischen den Anforderungen für blinde und sehbehinderte Menschen (mit notwendiger Tastkante) und gehbehinderte Menschen sowie Menschen mit fahrbaren Mobilitätsmitteln (Rollstuhl und Rollator) mit einer „Null-cm-Kante“, entschärft werden.

Hinweise für barrierefreie Verkehrsanlagen (H BVA, 3.3.4)

Bei der Planung der Borde von Fahrbahnüberquerungen sind grundsätzlich

  • die Berollbarkeit durch Absenkung der Bordsteine sowie
  • die Sicherheit, die Auffindbarkeit und die
  • Nutzbarkeit für blinde und sehbehinderte Menschen durch taktile, optische und akustische Elemente zu gewährleisten (vgl. H BVA 3.3.4).

Neuordnung Überquerungsstellen nach DIN 18040-3

In dieser Norm sind zwei Gestaltungsvarianten von barrierefreien Überquerungsstellen
ausgewiesen.

A: Im System einer getrennten Querungsfunktion mit differenzierten Bordhöhen, indem für Menschen mit Gehbehinderungen und mit fahrbaren Mobilitätshilfen ein auf Straßenniveau abgesetzte Borde eine sichere Überrollbarkeit gewährleistet wird und für blinde bzw. sehbehinderte Menschen, aber auch ältere Menschen mit beginnender Demenz oder für geistig behinderte Menschen, taktile Bordkanten vorgesehen sind.

B: Im System einer einheitlichen Querungsfunktion mit 3 cm Bordhöhe über den gesamten Querungsbereich mit abgerundeten Kanten von exakt 20 mm für Menschen mit Rollstühlen oder Rollatoren, da diese noch zu überwinden sind und noch eine taktile Kante für den Langstock ergeben. Diese Lösung gilt als noch brauchbarer Kompromiss, um die Behindertengruppen mit fahrbaren Mobilitätshilfen und Fußgänger mit Blindenlangstock gerecht zu werden.

Zu A: Bauweise getrennte Überquerungsstelle mit differenzierter Bordhöhe

Die Zweiteilung des Querungsbereiches ist die Vorzugsvariante an Überquerungsstellen. Hier kann jeder Fußgänger, mit und ohne Behinderung, seinen eigenen Querungsbereich aussuchen. Dieser Vorteil wird mehr und mehr wahrgenommen und ist schon in vielen Städten zum Standard geworden. Diese Bauausführung verlangt eine exakte Verlegung der Borde, um die unterschiedlichen Höhen für alle Nutzer funktionsfähig zu machen. Zum Einsatz sind konventionelle Borde aber auch Spezialborde mit Formsteinen möglich. Die Sonderborde setzen sich mehr und mehr durch und werden von einer großen Mehrheit von Betonherstellern angeboten. Diese Produkte garantieren durch ein Baukastensystem eine hohe Passgenauigkeit der verschiedenen Bordhöhen, wie z. B. Rampenbordstein für fahrbare Mobilitätshilfen, Übergangsstein zum Hochbord bzw. zum 6 cm hohen Tastbordstein für Langstocknutzer. Des Weiteren entsprechen diese Borde durch die weiße Betonoberfläche den Anforderungen zum visuellen Kontrast zur Fahrbahn.

Wichtig!
Von Bedeutung ist, dass bei der Bordsteinhöhe von 6 cm für blinde und sehbehinderte Menschen eine senkrechte Falllinie mit dem Blindenlangstock von mindestens 3-4 cm sicher ertastbar sein muss. Davon abgeleitet darf die Kantenausrundung nicht größer sein als 20 mm. Diese Maße sollten unbedingt eingehalten werden.

Querungsbreite der Nullabsenkung

Die Breite der Nullabsenkung sollte aus der Betrachtung blinder Menschen für Rollstuhlund Rollatornutzer so breit wie nötig, im Hinblick auf blinde Menschen so schmal wie möglich sein. Diese sinnvolle Überlegung lässt sich vorwiegend an Überquerungsstellen realisieren, wo geringer Querungsbedarf besteht. An Hauptverkehrsstraßen sind die Kriterien der Fußgängerfrequentierung maßgebend. Ebenfalls ist zu beachten, dass nach StVO Kinder bis zu 8 Jahren mit dem Fahrrad den Gehweg benutzen müssen und eine Aufsichtperson mitfahren darf. Unter dieser Beeinflussung ist die Normbreite der Nullabsenkung von 1,00 m oft nicht ausreichend. In diesem Fall muss parallel zur Nullabsenkung das Sperrfeld nach DIN 18040-3, anstatt 60 cm auf 90 cm Tiefe vergrößert werden. Diese Sicherheitsmaßnahme ist erforderlich, damit blinde und sehbehinderte Menschen an dieser Stelle über ausreichende Rippenstrukturen eine Taktilität erhalten, die sie im Bereich der Nullabsenkung zu einem ungewollten Verlassen des Gehweges zur Fahrbahn warnen.

Lage der Querungsübergänge

Fußgänger gehen ihren Weg nicht immer geradeaus, sondern sie triften unabsichtlich auch seitlich ab oder werden abgedrängt. Diese Situation betrifft auch blinde und sehbehinderte Menschen. Sehenden Fußgänger können das „Geradeausgehen“ immer wieder optisch korrigieren, aber blinde und sehbehinderte Menschen haben diese Möglichkeit nicht. Deshalb ist der Überquerungsbereich für blinde und sehbehinderte Menschen auf der kreuzungsfernen, der für Rollstuhl- und Rollatornutzer auf der kreuzungsnahen Seite vorzusehen.

Zu B: Bauweise Überquerungsstellen mit einheitlicher Bordhöhe

Diese Bauweise wird vorwiegend dort angewendet, wo eine getrennte Überquerungsstelle sich nicht ausbilden lässt. Das ist der Fall bei:

  • Einmündungen mit beengten Gehwegen
  • an Eckausrundungen mit einem Radius kleiner gleich 3,50 m
  • bei einer Überquerungsbreite kleiner 3,00 m

Thematik im Handbuch

Ausführliche Informationen und umfangreiche Detailzeichnungen
von Überquerungsstellen sind im Handbuch „IM Detail – Gestaltung barrierefrei Verkehrsraum, Teil 2“ aufgezeichnet.

Grafik - barrierfereie Bushaltestelle am Fahrbahnrand
Anwendungsbeispiel von Bushaltestellen am Fahrbahnrand mit Fußgängerüberweg

Haltestellen im Seitenraum bilden im Busverkehr den überwiegenden Anteil. Die Lage der Haltestellen ist so zu wählen, dass die Fahrgäste die Nahverkehrsfahrzeuge bequem, sicher und auf kurzem Weg erreichen können. Diese Haltstellenform wird (weitgehend) am geraden Fahrbahnrand angeordnet, um eine parallele An- und Abfahrt der Niederflurbusse zu gewährleisten. Anzustreben ist eine angehobene Wartefläche mit einer Busbordhöhe von mind. 18 cm, diese Höhe ermöglicht einen bequemen und zügigen Fahrgastwechsel am Niederflurbus. Das Auffinden der Bushaltestelle vom Gehweg aus, ist durch ein Auffindestreifen in Rippenstruktur sicherzustellen. Bei den Bushaltestellen führt der Auffindestreifen direkt zur Einstiegsstelle, das die Position der vorderen Tür markiert. Die ERÖ weist darauf hin, dass die Längsneigung bei Bushaltestellen 5 % und bei Straßenbahnen, nach Angaben der BOStrab, max. 4 % nicht übersteigen soll.

Die Gestaltung dieser Verkehrsanlage unterliegt u.a. folgenden Regelwerken und Normen:

  • RASt 06: Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen
  • EFA: Empfehlungen für Anlagen des Fußgängerverkehrs
  • EAÖ: Empfehlungen für Anlagen des öffentlichen Personennahverkehrs
  • ERA: Empfehlungen für Radverkehrsanlagen
  • R-FGÜ: Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen
  • DIN 18040-3: Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlage Teil 3: Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum
  • DIN 32984: Bodenindikatoren im öffentlichen Raum
  • DIN 32975: Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum zur barrierefreien Nutzung

Beispiel Positionierung Niederflurbus am Haltepunkt

(Auszug aus Handbuch Teil II, Abschn. 12.7)
Die Halteposition der Busse wird durch die Lage des Einstiegsfeldes bestimmt. Die Positionierung der Fahrzeuge an der Einstiegsstelle der ersten Einstiegstür ist abhängig von der Bremstoleranz des Fahrzeuges. Deshalb sollte für die wartenden Fahrgäste an der Einstiegstür eine ausreichende ebene Einstiegsfläche zur Verfügung stehen, bevor die Bordabsenkung vom Übergangsstein zum Hochbord übergeht.

A Abstand Fahrzeug bzw. Kopflänge zur Bustür der Einstiegsstelle ca. 0,50 m
B Aufstellfläche (ebene Wartefläche) zur Bustür ca.1,50 m

Gegenüberliegende Bushaltestellen am Fahrbahnrand

Punktuelle Querungshilfen in Fahrbahnmitte werden hinter dem Bus mit versetzten Richtungshaltestellen angeordnet. Eine Fahrbahnüberquerung hinter einer Bushaltestelle ergeben für den Fußgängerquerverkehr jedoch keine absolute Sicherheit, denn durch die eingeschränkte Sicht hinter dem Bus besteht Unfallgefahr für die Fußgänger auf der Fahrbahn. Im unmittelbaren Bereich zur Bushaltestelle sollten deshalb gut konzipierte und gesicherte Überquerungsstellen vorhanden sein. Dazu bietet sich die Lösung eines Fußgängerüberweges mit Mittelinsel an, wobei gleichzeitig ein Vorbeifahren von Kraftfahrzeugen am haltenden Bus verhindert wird.

Für die Ausbildung der Überquerungsstelle ist von Vorteil eine getrennte Überquerung anzulegen, damit die Fahrgäste mit fahrbaren Mobilitätshilfen zügig ohne Bordkante die Fahrbahn und Mittelinsel überfahren können. Für die Fußgänger und Langstocknutzer ist die taktile Bordsteinkante hilfreich. Zu dieser Anlage sind die entsprechenden Bodenindikatoren zuzuordnen. Gleichzeitig wird durch die Mittelinsel ein Parken von Kraftfahrzeugen in unmittelbarer Nähe zur Bushaltestelle verhindert, so dass für das Verkehrsmittel eine direkte Bordanfahrt besteht.

Einsatz von Bussonderborden

Der Einsatz von Sonderborden mit deren Formsteinen hat sich im Laufe der Zeit durchgesetzt, denn dadurch wird ein direktes Anfahren der Haltestellenkante ermöglicht und es entsteht ein sehr geringer Abstand (Spaltbreite) vom Niederflurbus zur Bus-Bordsteinkante. Niederflurbusse mit „Kneeling“-Technik unterstützen weitgehend den niveaugleichen Zugang zur geringen Einstiegshöhe. Für den Einstieg in die Fahrzeuge soll die Höhendifferenz (Reststufe) zwischen Höhe Wartefläche und Fahrzeugboden 5 cm nicht überschreiten. Der Abstand zum Fahrzeug (Spaltbreite) soll ebenfalls maximal 5 cm betragen.

Bei diesen, in der Zeichnung dargestellte > 30 cm breite Bussonderborde, kann nach DIN 32984 der Auffindestreifen in Rippenstruktur bis zum Haltebordstein herangeführt werden. Der erforderliche Sicherheitsabstand der Fahrgäste ist bei dieser Bordsteinbreite gewährleistet.

Oberflächenbelag Gehweg

An diesem Beispiel wurde der Oberflächenbelag des Gehweges mit Pflasterklinker gewählt. Besonders im norddeutschen Raum wird dieses Material vorwiegend verwendet. Die rötlichen Farbnuancen des Umgebungsbelages zu den weißen Bodenindikatoren ergeben einen ausreichenden Kontrast nach DIN 32975 mit einem K-Wert von > 0,4. Demzufolge kann ein zusätzlicher kontrastierender Begleitstreifen oder Begleitfläche entfallen. Von Bedeutung ist aber, dass im Bereich der profilierten Bodenindikatoren diese Klinkersteine scharfkantig (ohne Fase) sein müssen, damit die Tastbarkeit der Bodenindikatoren garantiert wird.

Zeichenerklärung

 
Die Zahlen verweisen auf eine Kurzbeschreibung im gesonderten Textfeld

Thematik im Handbuch

Dieses Beispiel entspricht den konstruktiven Angaben vom Handbuch: „IM DETAIL – Gestaltung barrierefreier Verkehrsraum, Teil II“, im Abschnitt 12, Bus- und Straßenbahnhaltestellen.

Bei der Planung von barrierefreien Dreiecksinseln ist große Sorgfalt geboten!

Grafik - barrierefreie Dreiecksinsel mit LSA + Überquerungsstellen + differenzierten Bordhöhen + Bodenindikatoren

Barrierefreie Dreiecksinsel mit Lichtsignalanlage und Überquerungsstellen mit differenzierten Bordhöhen einschließlich Bodenindikatoren

HINWEIS
Wenn bei Dreiecksinseln der Rechtsabbiegestreifen nicht in die allgemeine Kreuzungssignalisierung mit akustisch/taktilen Zusatzeinrichtungen einbezogen werden kann, sollte die Überquerungsstelle über den Abbiegestreifen mindestens mit einem Fußgängerüberweg gesichert werden. Eine Teilaufpflasterung mit FGÜ wäre ratsam, um den Fußgängerverkehr die Durchsetzung ihres Vorranges gegenüber dem Fahrverkehr zu erleichtern und die Sicherheit zu erhöhen (RASt 06, Abschnitt 6.3.8.2).

Grafik - Anordnung von Bodenindikatoren an barrierefreien Dreiecksinseln
Prinzipskizze von barrierefreien Dreiecksinseln an einem Knotenpunkt im System der Anordnung von Bodenindikatoren mit Überquerungsstellen in differenzierter Bordhöhe

Darstellung von Planungsvarianten barrierefreier Dreiecksinsel

Dargestellt sind zwei Varianten einer Dreiecksinsel an einer Kreuzung in verschiedener Ausführung.

Grafik - Planungsvarianten barrierefreier Dreiecksinsel

Die Überquerungsstelle vom Fußgängerüberweg zur Dreiecksinsel wurde sehr nah an der Eckausrundung angeordnet. In diesem spitzen Keil befinden sich im beengten Raum Rippenplatten, eng aneinander mit verschiedener Verlegerichtung.
Der Langstocknutzer muss sich in diesem Bereich lange seine Richtung ertasten, um an die quer liegende (rechte) Fahrbahnseite zu gelangen. Viele Bodenindikatoren mit verschiedenen Funktionen in unmittelbarer Nähe führen zu Verwirrungen und zur Fehlinterpretierung. Des Weiteren besteht die Gefahr, das Langstocknutzer von der gegenüberliegenden Straßenseite kommend beim evtl. Abdriften links an der Dreiecksinsel vorbei gehen. Die Anordnung einer ungleichmäßigen Überbreite der Nullabsenkung ist Unsinn.

Ergebnis:

Dreiecksinseln zu planen bedürfen eine durchdachte Untersuchung, um eine exakte Planung zu erreichen.
Die Erkenntnis zur Funktionssicherheit und Verkehrssicherheit spielen hier eine wesentliche Rolle.

Lage der Borde bei getrennter Überquerung

Gestaltung von Dreiecksinseln sind abhängig von der Größe des Verkehrsraums mit deren Geometrie. Dadurch entstehen die vielfältigsten Formen von Dreiecksinseln. Die barrierefreie Nutzung muss obgleich gewährleistet sein.

Bei der Bordgestaltung ist darauf zu achten, dass für die Fußgänger mit und ohne Behinderung einen fließenden Übergang ermöglicht wird. Dazu bietet sich für die Überquerung mit differenzierten Borden an, so dass Menschen mit fahrbaren Mobilitätsmitteln auf Fahrbahnniveau abgesenkte Borde bequem überqueren und Menschen mit Blindheit und Sehbehinderungen durch die Führung der Bodenindikatoren zum Tastbordstein zügig die Fahrbahn überqueren können.

Besondere Aufmerksamkeit gilt die Anordnung der Lage der Querungsübergänge. Analog der Ausbildung der Borde an Knotenpunkten, sind die jeweiligen Querungsbereiche anzuordnen. Für Rollstuhl- und Rollatornutzer ist die Überquerung kreuzungsnah anzulegen. Blinde und sehbehinderte Menschen benötigen eine Route, die Ihnen möglichst Sicherheit bietet und bei einem seitlichen Abdriften nicht in der Gefahr gelangen, in die Kreuzungsmitte zu geraten. Deshalb ist deren Überquerung kreuzungsfern anzuordnen.

Die Anordnung von Bodenindikatoren sind besonders schwierig bei kleinen Dreiecksinseln, weil in dem zur Verfügung stehenden Inselraum auch noch bauliche Einschränkungen bestehen. Das sind zum Beispiel Masten von Lichtsignalanlagen, Vorwegweiser, Beleuchtungen und Verkehrsschilder, die ein Hindernis für blinde und sehbehinderte Menschen darstellen. Hier ist eine Koordinierung des Bodenleitsystems mit den Standorten der Masten notwendig. Ebenso kann über einen spiegelseitigen Wechsel der Überquerungsstelle am Abbiegestreifen eine durchgängige Gehlinie über die Dreiecksinsel geschaffen werden. Die Lage der Überquerung darf jedoch nicht in der Nähe einer Eckausrundung oder im Bereich des Ausfahrtskeil sein, denn sonst kann beim Abdriften die Kreuzung erreicht werden, aber nicht die Dreiecksinsel. Solche Vorfälle sind bereits bekannt.

Neue Normregelung von Bodenindikatoren an Dreiecksinseln

Die Verlegung von Bodenindikatoren auf der Insel als Leit- und Orientierungsfunktion zwischen den Richtungsfeldern wurden bisher in der DIN 32984 nicht aufgezeichnet. Die Wahl, ob Rippen- oder Noppenstreifen eingesetzt werden, war nicht festgeschrieben.

Mit der Novellierung der DIN 32984 im Dezember 2020 wurde festgelegt, dass auf Mittelinseln die Bodenindikatoren mit gleicher Struktur angezeigt wird wie auf dem Gehweg. Mittelinseln (darunter zählen auch Dreiecksinseln) können die Noppenstreifen im Interesse der Übersichtlichkeit auf 30 cm Breite reduziert werden. Das bedeutet, analog der Auffindestreifen in Noppenstruktur beim Gehweg erfolgt auf der Dreiecksinsel die gleiche Verlegung. Bei den notwendigen Schächten auf der Dreiecksinsel sind die Schachtdeckel im Leitsystem mit der Struktur der Bodenindikatoren auszulegen.

Beispiel kleine barrierefreie Dreiecksinseln

Planungsbeispiel von 2015 über eine barrierefreie kleine Dreiecksinsel mit der Anordnung von Bodenindikatoren auf der Insel in Noppenstruktur und Richtungsfeld an den Überquerungsstellen mit differenzierter Bordhöhe. Als Einsatz kamen 30 cm breite Querungsborde im System einer Nullabsenkung mit Sperrfeld für Personen mit Gehbehinderungen und fahrbaren Hilfsmitteln sowie für blinde und sehbehinderte Personen mit einem 6 cm hohen Tastbordstein.

Grafik - barrierefreier Fußgängerüberweg über Abbiegestreifen zur Dreieckinsel

Der Fußgängerüberweg über den Abbiegestreifen wurde
mittig zur Dreieckinsel angeordnet. Dadurch entsteht ein größere Bewegungsfläche zur Verfügung. Die unterschiedlichen Bodenindikatoren weisen zueinander eine typische Überquerungsstelle ohne Einschrägungen.
Fußgänger und Rollstuhl- und Rollatornutzer haben ausreichenden Platz sich auf der Insel zu bewegen, um seine Überquerungsrichtung nachzugehen.

Thematik im Handbuch

Weitere Anwendungsbeispiele von Dreiecksinseln einschließlich Lösungen mit Radverkehr sind im Handbuch „IM DETAIL – Gestaltung barrierefreier Verkehrsraum“ Teil II aufgezeichnet.

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