Planung & Bau

Fachwissen und praktische Hinweise zum Thema:

Planung & Bau

Öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen sind barrierefrei zu gestalten
(BGG § 8 Abs. 2 Satz 1)

Beispiel 1

Ampelmast steht mitten im Gehweg
und innerhalb der Bodenindikatoren, so nicht!

Diese Bauweise ist zahlreich zu sehen. An dieser Überquerungsstelle befindet sich der Taster für die Fußgängerfurt am Mast des Auslegers vom Vorwegweiser inmitten vom Gehweg. Der Mast teilt an dieser Stelle den Gehweg in zwei Hälften. Dieser Querung wurde entweder in Unwissenheit geplant bzw. gebaut oder ist durch Koordinierungsfehler in der Bauleitung entstanden. Hier wurde nicht barrierefrei gebaut, sondern eine Barriere eingebaut. Der 3-reihige Auffindestreifen der Noppenplatten führt bis zum Lichtsignalgeber. Um zum Richtungsfeld zu gelangen, muss der Langstocknutzer um den Mast herumgehen, sich im engen Bereich am Richtungsfeld erschwert ausrichten, an dieser Stelle am taktilen Taster das Freigebesignal anzufordern und sich danach am Richtungsfeld ausrichten.

Sondern so!

Der Ausleger ist an der inneren Leitlinie (am Rasenkantenstein) vom Gehweg aufzustellen. Der Auffindestreifen wird neben dem Mast mit
3-reihigen Noppenplatten ausgestattet. Für das Richtungsfeld werden
3-reihige Rippenplatten hintereinander an der Bordsteinkante vorgelagert. Blinde Personen können ungehindert an den ca. 90 cm langen Rippenstreifen für die Fahrbahnüberquerung ausrichten. Mit dieser Gestaltung wird eine durchgängige Gehwegbreite von ca. 2 m für alle Fußgänger gewährleistet.

Lösungen und weitere konstruktive Beispiele sind aufgezeichnet im Handbuch „Im Detail – Gestaltung barrierefreier Verkehrsraum“

Beispiel 2

Verlegrichtung Bodenindikatoren
an Eckausrundungen, so nicht!

Bei der Anordnung von Bodenindikatoren in Gehlinie parallel zur Hauptstraße entsteht für Langstocknutzer, die von der Seitenstraße kommen, ein scharfer (spitzer) Winkel an der inneren Leitlinie am Standort der Bodenindikatoren Entgegen seiner Schulungsorientierung muss eine scharfe Umdrehung am Auffindestreifen vorgenommen werden, um zum Richtungsfeld der Überquerungsstelle zu gelangen.

Für Personen mit fahrbaren Mobilitätsmitteln steht der Lichtsignalgeber inmitten seiner Überfahrt an der Nullabsenkung. Der Rollstuhlnutzer muss entgegen der Rollstuhlfahrweise kippend schräg über die Nullabsenkung fahren oder geradlinig über die Absenkung verkehrswidrig über die Furtmarkierung im Bogen auf die Fahrbahn der Hauptstraße fahren.

Sondern so!

Der Auffindestreifen in Noppenstruktur wird quer (senkrecht) von der inneren Leitlinie zum Richtungsfeld geführt. Langstocknutzer finden am Gehweg beidseitig die gleiche Situation zum Auffindestreifen in Noppenstruktur. Die Richtungsänderung zur Fahrbahn erfolgt über das anschließende Richtungsfeld, das in der Abknickung die Gehrichtung zur Furt hinführt. Der Lichtsignalmast steht zwischen dem Richtungsfeld und Sperrfeld, sodass eine Behinderung an der Überqerungsstelle für Rollstuhlnutzer nicht ansteht.

Dieser Übergang ist barrierefrei nutzbar.

barrierefreie Gestaltung - Nullabsenkung mit Radfaher
Ausführungsbeispiel einer lichtsignalisierten Überquerungsstelle mit differenzierter Bordhöhe nach DIN 18040-3 und DIN 32984

Dieses Bild zeigt eine lichtsignalisierte getrennte Überquerungsstelle mit differenzierter Bordhöhe, wo zwei Radlerinnen vom Radweg abweichend über einen Rampenbordstein eine andere Richtung einschlagen. Blinde und sehbehinderte Menschen nutzen ihren Querungsstelle mit anliegenden Bodenindikatoren am Lichtsignalmast am 6 cm hohen
Tastbordstein.

Planungsbeispiel Querschnitt-Nullabsenkung
Querschnitt Rampenbordstein an einer Nullabsenkung

Die Rampenneigung sollte bei 30 cm breiten Rampenbordstein 10 % nicht übersteigen, damit Personen mit fahrbaren Hilfsmitteln gefahrlos und leicht diesen Bereich überqueren können. Eine maximale Erhöhung auf 12 % ist nach Normvorgabe bis zu 1,00 m Länge möglich (DIN 18040-3).

Barrierfereiheit Bordstein - Nulllabsenkung mit Rollstuhl
Ausführungsbeispiel Rampenbordstein mit 10 % Neigung und 6 %.im Bereich des Sperrfeldes

Diese Ausführung ermöglicht eine problemlose Überfahrt von handbetriebenen Rollstühlen auch für ältere Personen.

Barrierefreiheit - Kugelspitze bei 4 cm Fallhöhe
Darstellung der Fallhöhe eines Langstockes an einer Überquerungsstelle am 6 cm hohen Tastbord

Im Bild ist zu sehen, wie der Blindenlangstock an der Überquerungsstelle beim senkrechten Schieben die Bordsteinkante sicher ertastet. Für diese Kugelform der Stockspitze ist die Einhaltung der Falllinie von 3 bis 4 cm am Tastbord besonders wichtig. Dabei darf die Kantenausformung des Bordes 20 mm nicht  überschreiten. Durch die weißen Borde am Fahrbahnrand ist der visuelle Kontrast zur Fahrbahn gut zu erkennen.

Planung barrierefreie Überquerungsstelle - Querungshilfe - Taktilität Rollkugel
Darstellung der Fallhöhe vom Blindenlangstock einer Überquerungsstelle am 6 cm hohen Bordstein mit taktiler Erkennbarkeit des Fahrbahnrandes.

Die Rollspitze „fällt“ deutlich spürbar vom Gehweg auf das Straßenniveau hinab. Dabei ist notwendig, dass bei 6 cm Tast-Bordhöhe die Ausbildung des Kantenradius 20 mm nicht übersteigt.

Planung barrierefreie Überquerungsstelle - Querungshilfe - Taktilität Rollkugel
Darstellung der Fallhöhe vom Blindenlangstock einer Überquerungsstelle am 3 cm hohen Tastbordstein (ein unzufriedener Kompromiss für alle Behinderten)

In dieser Querschnittszeichnung ist zu sehen, dass die Kugelspitze bei 3 cm Bordhöhe noch nicht die effektive Falllinie erreicht hat (nur 1 cm). Bei Ablenkung oder Unachtsamkeit des Langstocknutzers besteht die Gefahr, dass die Bordkante überrollt wird. Deshalb ist bei dieser Bordgestaltung auf exakte Einhaltung der Einbauhöhe und der Kantenausformung von 20 mm zu achten. Das ist ebenso bedeutungsvoll für Rollstuhlnutzer mit Handantrieb, wenn sie von der Fahrbahn über den Bordstein auf dem Gehweg fahren.

An dieser Überquerungsstelle mit Lichtsignalanlage erfolgte die Bordgestaltung mit differenzierter Bordhöhe. Einerseits der Nutzung für den allgemeinen Fußgängerverkehr mit einer taktilen Bordsteinkante, andererseits auf Fahrbahnniveau abgesenkte Borde für Personen mit fahrbaren Mobilitätsmitteln. Dieses Überquerungssystem erfolgt über der gesamten Querungsfurt der Fahrbahn, dabei ist die Mittelinsel miteinbezogen. Im Video ist gut zu sehen, wie der Rollstuhlnutzer zügig ohne körperliche Erschwernis seine Nullabsenkung im Überquerungsbereich fährt.

Anforderungen an Borde von Überquerungsstellen

Norm: DIN 18040-3

Bordsteine übernehmen im Straßenraum die Funktion einer sicheren Abgrenzung unterschiedlicher Verkehrsarten. Barrierefreie Überquerungsstellen müssen mindestens an allen Kreuzungen und Straßeneinmündungen vorhanden sein, es sei denn, eine Überquerung der Fahrbahn ist für Fußgänger ausgeschlossen. Sie müssen für Rollstuhl und Rollatornutzer ohne besondere Erschwernis sowie für blinde und sehbehinderte Menschen eindeutig auffindbar und sicher nutzbar sein (vgl. 5.3.1).

Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06)

Bisher galt bei den Überquerungsstellen eine Absenkung der Borde auf 0 bis 3 cm (vgl. 6.1.6.2). Die sogenannte Null-Absenkung führt häufig zu Problemen mit der Entwässerung und ist von Menschen mit Seheinschränkungen nicht ertastbar. Deshalb ist die Einbauhöhe von 3 cm an Überquerungsstellen notwendig. Diese Höhe gilt aber als ein unzufriedener Kompromiss zwischen den Anforderungen unterschiedlicher Gruppen mobilitätseingeschränkter Menschen. In den RASt 06 wurde daraufhin erstmalig eine Fußgängerfurt mit differenzierten Bordhöhen vorgestellt (Bild 104). Damit soll der bestehende Kompromiss zwischen den Anforderungen für blinde und sehbehinderte Menschen (mit notwendiger Tastkante) und gehbehinderte Menschen sowie Menschen mit fahrbaren Mobilitätsmitteln (Rollstuhl und Rollator) mit einer „Null-cm-Kante“, entschärft werden.

Hinweise für barrierefreie Verkehrsanlagen (H BVA, 3.3.4)

Bei der Planung der Borde von Fahrbahnüberquerungen sind grundsätzlich

  • die Berollbarkeit durch Absenkung der Bordsteine sowie
  • die Sicherheit, die Auffindbarkeit und die
  • Nutzbarkeit für blinde und sehbehinderte Menschen durch taktile, optische und akustische Elemente zu gewährleisten (vgl. H BVA 3.3.4).

Neuordnung Überquerungsstellen nach DIN 18040-3

In dieser Norm sind zwei Gestaltungsvarianten von barrierefreien Überquerungsstellen
ausgewiesen.

A: Im System einer getrennten Querungsfunktion mit differenzierten Bordhöhen, indem für Menschen mit Gehbehinderungen und mit fahrbaren Mobilitätshilfen ein auf Straßenniveau abgesetzte Borde eine sichere Überrollbarkeit gewährleistet wird und für blinde bzw. sehbehinderte Menschen, aber auch ältere Menschen mit beginnender Demenz oder für geistig behinderte Menschen, taktile Bordkanten vorgesehen sind.

B: Im System einer einheitlichen Querungsfunktion mit 3 cm Bordhöhe über den gesamten Querungsbereich mit abgerundeten Kanten von exakt 20 mm für Menschen mit Rollstühlen oder Rollatoren, da diese noch zu überwinden sind und noch eine taktile Kante für den Langstock ergeben. Diese Lösung gilt als noch brauchbarer Kompromiss, um die Behindertengruppen mit fahrbaren Mobilitätshilfen und Fußgänger mit Blindenlangstock gerecht zu werden.

Zu A: Bauweise getrennte Überquerungsstelle mit differenzierter Bordhöhe

Die Zweiteilung des Querungsbereiches ist die Vorzugsvariante an Überquerungsstellen. Hier kann jeder Fußgänger, mit und ohne Behinderung, seinen eigenen Querungsbereich aussuchen. Dieser Vorteil wird mehr und mehr wahrgenommen und ist schon in vielen Städten zum Standard geworden. Diese Bauausführung verlangt eine exakte Verlegung der Borde, um die unterschiedlichen Höhen für alle Nutzer funktionsfähig zu machen. Zum Einsatz sind konventionelle Borde aber auch Spezialborde mit Formsteinen möglich. Die Sonderborde setzen sich mehr und mehr durch und werden von einer großen Mehrheit von Betonherstellern angeboten. Diese Produkte garantieren durch ein Baukastensystem eine hohe Passgenauigkeit der verschiedenen Bordhöhen, wie z. B. Rampenbordstein für fahrbare Mobilitätshilfen, Übergangsstein zum Hochbord bzw. zum 6 cm hohen Tastbordstein für Langstocknutzer. Des Weiteren entsprechen diese Borde durch die weiße Betonoberfläche den Anforderungen zum visuellen Kontrast zur Fahrbahn.

Wichtig!
Von Bedeutung ist, dass bei der Bordsteinhöhe von 6 cm für blinde und sehbehinderte Menschen eine senkrechte Falllinie mit dem Blindenlangstock von mindestens 3-4 cm sicher ertastbar sein muss. Davon abgeleitet darf die Kantenausrundung nicht größer sein als 20 mm. Diese Maße sollten unbedingt eingehalten werden.

Querungsbreite der Nullabsenkung

Die Breite der Nullabsenkung sollte aus der Betrachtung blinder Menschen für Rollstuhlund Rollatornutzer so breit wie nötig, im Hinblick auf blinde Menschen so schmal wie möglich sein. Diese sinnvolle Überlegung lässt sich vorwiegend an Überquerungsstellen realisieren, wo geringer Querungsbedarf besteht. An Hauptverkehrsstraßen sind die Kriterien der Fußgängerfrequentierung maßgebend. Ebenfalls ist zu beachten, dass nach StVO Kinder bis zu 8 Jahren mit dem Fahrrad den Gehweg benutzen müssen und eine Aufsichtperson mitfahren darf. Unter dieser Beeinflussung ist die Normbreite der Nullabsenkung von 1,00 m oft nicht ausreichend. In diesem Fall muss parallel zur Nullabsenkung das Sperrfeld nach DIN 18040-3, anstatt 60 cm auf 90 cm Tiefe vergrößert werden. Diese Sicherheitsmaßnahme ist erforderlich, damit blinde und sehbehinderte Menschen an dieser Stelle über ausreichende Rippenstrukturen eine Taktilität erhalten, die sie im Bereich der Nullabsenkung zu einem ungewollten Verlassen des Gehweges zur Fahrbahn warnen.

Lage der Querungsübergänge

Fußgänger gehen ihren Weg nicht immer geradeaus, sondern sie triften unabsichtlich auch seitlich ab oder werden abgedrängt. Diese Situation betrifft auch blinde und sehbehinderte Menschen. Sehenden Fußgänger können das „Geradeausgehen“ immer wieder optisch korrigieren, aber blinde und sehbehinderte Menschen haben diese Möglichkeit nicht. Deshalb ist der Überquerungsbereich für blinde und sehbehinderte Menschen auf der kreuzungsfernen, der für Rollstuhl- und Rollatornutzer auf der kreuzungsnahen Seite vorzusehen.

Zu B: Bauweise Überquerungsstellen mit einheitlicher Bordhöhe

Diese Bauweise wird vorwiegend dort angewendet, wo eine getrennte Überquerungsstelle sich nicht ausbilden lässt. Das ist der Fall bei:

  • Einmündungen mit beengten Gehwegen
  • an Eckausrundungen mit einem Radius kleiner gleich 3,50 m
  • bei einer Überquerungsbreite kleiner 3,00 m

Thematik im Handbuch

Ausführliche Informationen und umfangreiche Detailzeichnungen
von Überquerungsstellen sind im Handbuch „IM Detail – Gestaltung barrierefrei Verkehrsraum, Teil 2“ aufgezeichnet.

Überquerungsstellen - Führung Auffindestreifen im Gehweg (Querverlegung)

Diverse Planungsfehler bei der Zuordnung des Auffindestreifens an Überquerungsstellen

Um eine sichere Überquerung von Fahrbahnen für blinde und
sehbehinderte Menschen eindeutig auffindbar zu machen, sind
Überquerungsstellen immer mit Bodenindikatoren anzuzeigen, das gilt sowohl bei gesicherten Überquerungsstellen mit Lichtsignalanlage oder am Fußgängerüberweg als auch bei ungesicherten Überquerungsstellen.

Praxisbeispiel:
Diese Art einen Stumpf vom Auffindestreifen als Überquerungsstelle für blinde und sehbehinderte Fußgänger anzubieten ist purer Unsinn. Der kurze Auffindestreifen am Fahrbahnrand ist vom Gehweg her nicht auffindbar, es fehlt der Anschluss zur inneren Leitlinie (Gartenzaun). Das Noppenfeld im Gehweg ist stets von der inneren Leitlinie bis zum Richtungsfeld zu führen.

Die Anzeige einer gesicherten Überquerungsstelle erfolgt durch die Kombination eines Auffindestreifens in Noppenstruktur und eines Richtungsfeldes in Rippenstruktur. Der Auffindestreifen verläuft quer über den gesamten Gehbereich. Er endet in Richtung Bordsteinkante an einem Richtungsfeld. Über die Rippen erfolgt die Gehrichtung zur Überquerung der Fahrbahn.

Bei einer ungesicherten Überquerung muss das Noppenfeld 90 cm (60 cm) vor dem Richtungsfeld enden. Die Lücke zwischen verkürztem Auffindestreifen und Richtungsfeld kennzeichnet eine ungesicherte Überquerung (vgl. DIN 32984).

Praxisbeispiel:
Diese Verlegform den Auffindestreifen am Lichtsignalmast auf halber Gehweglänge zu enden, ist oft zu sehen. Langstocknutzer, die an der inneren Leitlinie entlang gehen, hier z. B. am Pflaster-Oberstreifen am Gebäude, haben keine Chance den Auffindesteifen an der Überquerungsstelle aufzufinden. Grundsätzlich ist das Noppenfeld bis zum Gebäude oder zum taktilen Oberstreifen zu führen.

Überquerungsstellen - Führung Auffindestreifen im Gehweg (Längsverlegung)


Diverse Planungsfehler bei der Zuordnung des Auffindestreifens an Überquerungsstellen

Topografisch bedingt werden Fußgängerfurten am Gehweg auch in geradliniger Gehrichtung angeordnet. Besonders bei Einmündungen ist dies der Fall. Die Anordnung der Bodenindikatoren verlaufen demzufolge nicht quer über den Gehweg wie in der DIN 32984 vorgesehen, sondern in Längsrichtung des Gehweges.

So nicht!

Einbauhinweise - barrierfereie Auffindestreifen am Lichtsignalmast

Praxisbeispiel:
Überquerungsstelle ohne Gehweganschluss führt blinde und sehbehinderte Fußgänger zu gefährlichen Verkehrssituationen (roten Pfeile zeigen die reguläre Gehrichtung an)

Dabei ist zu beachten bei diesem Fall, dass der Auffindestreifen in Noppenstruktur immer im Bezug zur inneren Leitlinie steht. Die Länge des Noppenfeldes vor dem Richtungsfeld ist abhängig von den örtlichen Gegebenheiten. Es sollte aber 90 cm nicht unterschreiten (Größe eines Aufmerksamkeitsfeldes mit 90/90 cm). Zur Überbrückung einer längeren (diffusen) Gehwegfläche kann über einen taktilen 30 cm tiefen Pflasterstreifen erfolgen.

Sondern so!

Einbauhinweise - barrierefreie Überquerungsstelle mit Auffindestreifen und innere Leitlinie

Nachträgliche bauliche Maßnahme:
Der fehlende Anschluss zwischen dem Auffindestreifen an der Fahrbahn und der inneren Leitlinie vom Gehweg muss durch ein taktiles Leitelement überbrückt werden. Als bauliche Maßnahme kann ein 30 cm breiter taktiler Pflasterstreifen aus Granit die Lücke schließen.

Begleitende Videos

Die beiden Videos zeigen die Problematik einer blinde Frau, die mit ihrem Langstock vom Gehweg kommend sich bemüht bei fehlender Leiteinrichtung die Überquerungsstelle aufzufinden und entgegengesetzt von der Überquerungsstelle den Wegeanschluss entlang der Straße.

VIDEO 1
Fehlende Leiteinrichtung zur Überquerungsstelle führt zur gefährlichen Situationenen.
Die blinde Fußgängerin geht zügig und sicher mit dem Blindenlangstock tastend an die innere Leitlinie des Tiefbordsteins auf die Überquerungsstelle zu. Plötzlich endet diese tastbare Führung, sie wird stutzig und geht dadurch langsam tastend emotional weiter in Richtung der gedachten Überquerungsstelle. Auf diesem Weg stehen zwei Hindernisse mitten im Gehweg. Den Elektroschaltschrank hat sie durch Zufall wahrgenommen und ist auch durch Zufall am Verkehrszeichenmast vorbeigekommen. Der Auffindestreifen für der Überquerungsstelle wurde zufällig ertastet. Vorsichtig sucht sie schleifend mit dem Langstock die Bodenindikatoren am Standort der Lichtsignalanlage. Aber vergebens, der Ampelmast ist nicht auffindbar.

Bestehende Gefahr:
Hindernisse im Gehweg sind Stoßkanten, sie können zu Verletzungen führen. Das Nichtauffinden des Lichtsignalgebers kann zu unkontrollierter gefährlicher Überquerung der Fahrbahn führen.

VIDEO 2
Von der Überquerungsstelle auf dem Gehweg ohne weiterührende Leiteinrichtung ist sehr gefährlich.
Nach der Überquerung der Fahrbahn an den Bodenindikatoren angekommen, geht die blinde Fußgängerin nach ihrer gelernten Orientierung dem Geräusch des Fahrverkehr nach, denn auf dieser Seite befindet sich der Gehweg mit der inneren Leitlinie. Anstatt diesen zu ertasten erschreckt sich die blinde Fußgängerin, denn sie ist zur Straße hingelaufen und hört den annähernden Lastkraftwagen. Sofort verändert sie die Gehrichtung und sucht weiter vergebens mit dem Langstock die taktile Leitlinie.

Bestehende Gefahr:
Fehlende Leitorientierung am Gehweg kann für blinde und sehbehindert Menschen zu unkontrollierten Gehrichtungen und zu lebensgefährlichen Verletzungen führen.

VIDEO 1

VIDEO 2

barrierefreie_mobilitaet_Wegeleitsystem Fulda

Ausschnitt eines Stadtplanes für Menschen mit Behinderungen als Tastmodell im innerstädtischen Aushang (Musterbeispiel)

Die Karte des Stadtplanes zeigt einen Planausschnitt von Gestaltungsmöglichkeiten für eine innerstädtische barrierefreie Fußgängerroute als gesonderter Stadtplan für Menschen mit Behinderungen. Die Symbole sind wegen der Lesbarkeit hier größer dargestellt.
Im Originalmaßstab muss ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Plangröße und Symbolik vorliegen.

Muster für Behindertenstadtplan

Innerstädtische Fußwege
mit barrierefreier Route

Route 1: Personen mit fahrbaren Mobilitätshilfen, blinde und sehbehinderte Fußgänger können vom Bahnhof zum Zielpunkt (z.B. Städtische Verwaltung, Polizei oder Post) barrierefrei über die gesicherten Straßen-Überquerungsstellen der Bahnhofstraße, Rabanusstraße gehen.

Route 2: Rollstuhl- und Rollatornutzer können auch vom Bahnhof aus, eine barrierefreie Abkürzung zum Postamt, die Bahnhofstraße, Lindenstraße benutzen. Für blinden und sehbehinderte Verkehrsteilnehmer ist dieser Weg kein gesicherter Übergang (er ist also zu vermeiden).

Route 3: Die Nutzung einer Passage über eine Treppe für Fußgänger mit Behinderungen ist möglich zwischen zwei Geschäftshäusern in der Nähe vom Kaufhaus. Hier befindet sich eine barrierefreie Treppenanlage mit Stufenkantenmarkierungen, Handlauf und Warnfelder am Stufenan- und -austritt.

Allgemeines strategisches Ziel - barrierefreie Fußgängerroute

Aus den Nutzungsansprüchen der Verkehrsteilnehmer entsteht eine bestimmte Raumaufteilung, die durch den Quell- und Zielverkehr das Navigieren einer Route von einem Ort zu einem anderen bestimmt werden. Der Raumbedarf erstreckt sich vom fließenden Verkehr für das Versorgungspotential, dem öffentlichen Personennahverkehr, dem individuellen Kraftfahrzeugverkehr bis hin zu dem Rad- und Fußgängerverkehr. Als allgemeines strategisches Ziel im Sinne der Inklusion zur barrierefreien Umwelt (Design for All) sind die unterschiedlichen Bereiche wie Wohnungsbau, Stadtgestaltung, Verkehrsplanung, Dienstleistungsplanung, Grünflächengestaltung usw. mit deren barrierefreien Fußgängerrouten, zu integrieren.

Grundnetz - barrierefreie Fußgängerroute

Sinnvoll ist, wenn vom Grundnetz ausgehend, kontinuierlich sukzessiv ein Nachrüsten oder Verdichten erfolgt. Derartige Fußgängerrouten sind in Stadtzentren zu öffentlichen Einrichtungen, Wohngebieten, Erholungsgebieten vorzusehen, aber auch Wohn- und Arbeitsstätten sind als geschlossene bzw. separate Wegeführungen mit einzubeziehen. Des Weiteren sollten Ziele einbezogen werden, wie z. B. Krankenhäuser, Altenheime, Arztpraxen, Einkaufsstätten sowie soziale, sportliche und kirchlichen Einrichtungen. Wichtig ist ein barrierefreies Wegesystem, zu Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel, Parkplätzen bzw. Parkhäusern. Behindertenparkstände sollten möglichst in der Nähe von Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und nahe von öffentlichen Einrichtungen angelegt werden.

Auswahlkriterien - barrierefreie Fußgängerroute

(in Anlehnung an DIN EN 17210)

Wegeführung von barrierefreien Fußgängerrouten

  • muss eine simple Struktur aufweisen und den kürzesten Weg zu allen Ankunftsorte darstellen und sind optisch und taktil von Kraftfahrzeug- und Fahrradrouten zu trennen.
  • muss untereinander bei Kreuzungen in der derselben Ebene verlaufen.
  • muss stufenlos und eben sein, damit sich alle Benutzer bequem und sicher fortbewegen können.
  • muss bei schmalem Querschnitt (gilt auch bei Rampen) in bestimmten Abständen Ausweichstellen mit einer entsprechenden Breite und Länge eingerichtet und für die Personen aus beiden Richtungen kommend, deutlich sichtbar sein.
  • muss die wichtigsten Elemente wie Eingänge, Empfangsschalter, Sanitäreinrichtungen usw. hervorheben mit eindeutiger Information, sichtbaren Kontrast, den Einsatz von taktilen Bodenindikatoren, farbig gekennzeichnete Routen, sowie angemessene Beschilderung.
  • sollte architektonische und städtebauliche Gestaltungsmerkmale kennzeichnen, um die unterscheiden Bereiche bzw. die Orientierungspunkte zu erkennen.
  • muss eine ausreichende lesbare und leicht verständliche Wegführungsinformation aufweisen, die eindeutig, kompakt, exakt und aktuell erklärt ist.

Beleuchtung an barrierefreien Fußgängerrouten

  • muss gute Lichtverhältnisse mit zusätzlicher Beleuchtung an Entscheidungspunkten, wie z. B. Zugangswegen, Eingängen, Treppenläufen, Aufzügen usw. schaffen.
  • muss eine angemessene gleichmäßige Lichtquelle über ihre gesamte Länge und Breite besitzen, um eine sichere und einfache Benutzung der Route im Dunkeln sicherzustellen und die Orientierung und Wegführung zu erleichtern. Die Beleuchtung darf keine direkte Blendung oder Reflexionen verursachen.
  • muss Höhenunterschiede und mögliche Gefährdungen (z. B. an Kreuzungen) hinzuweisen, und visuelle Informationen hervorheben.

Zugangswege von barrierefreien Fußgängerrouten

  • müssen ein einfaches Auffinden von Eingängen durch gute Beschilderung aufweisen.
  • müssen neben Stufen (Treppe) Rampen oder Aufzüge vorhanden sein.
  • dürfen keine Hindernisse haben.
  • müssen vor den Türen einen ausreichenden Platz zum Rangieren aufweisen, breite Türöffnungen haben mit einfacher Betätigung der Türen, einschließlich taktile Bodenmarkierungen für blinde und sehbehinderte Personen.
  • müssen eine gute Beleuchtung und gut sichtbarer Kontrast gewähren.

Oberfläche von barrierefreien Fußgängerrouten

  • muss griffig, eben sein, um zu verhindern, dass Benutzer stolpern und fallen, eine Rutschfestigkeit garantieren, um Gefährdungen durch Ausrutschen zu vermeiden.
  • muss eine tragfähige Befestigung für Fußgänger und Benutzer von fahrbaren Mobilitätseinrichtungen aufweisen, damit Schuhe und Räder nicht darauf einsinken.
  • muss raue Materialien aufweisen, um zu vermeiden, dass Orientierungsschilder und Schilder zur Warnung vor Gefährdungen blenden oder verdunkelt werden.
  • muss sich von allen umgebenden Flächen, die sich auf gleicher Ebene befinden, durch unterschiedliche Texturen und Farbsättigung/Farbtonkontrast abgrenzen (Zonierung).
  • muss bei gepflasterten Oberflächen eine geringe Fugenbreite aufweisen, um das Risiko zu vermeiden, dass sich Räder, Gehstöcke oder Schuhabsätze darin verfangen und das die fahrbaren Mobilitätshilfen eine erschütterungsarme und berollbar Oberfläche vorfinden.
  • sollte frei von Gitterrosten sein. Sind sie dennoch notwendig, müssen sie bündig mit der Bodenoberfläche abschließen. Ihre Öffnungen müssen senkrecht zur Fußgängerlauffläche so schmal sein, dass Unbehagen oder Verfangen beim Darüberlaufen vermieden werden. Die Maschenweite der Gitterroste, muss klein genug sein, um zu vermeiden, dass sich Gehstöcke, Blindenstöcke, Schuhabsätze und Hundepfoten darin verfangen.
  • muss über eine Querneigung entwässert werden, um sicherzustellen, dass ein ordnungsgemäßer Abfluss stattfindet. Bei erhöhter Querneigung neigen Kinderwagen, Buggys und besonders fahrbare Mobilitätshilfen dazu, vom Weg abzukommen.
  • kann über Entwässerungsroste, die außerhalb der Wegabgrenzungen angeordnet sind, als zusätzliche Orientierungshilfe dienen (siehe Video Leitelemente aus Rostabdeckungen).
  • sollte keine Ablaufrinnen innerhalb der Wegabgrenzungen aufweisen, um ein Darüberlaufen zu verhindern (gilt auch an Überquerungsstellen).

Hindernisse an barrierefreien Fußgängerrouten

  • die nicht außerhalb der Wegebegrenzung platziert sind, müssen eine ausreichende lichte Durchgangshöhe aufweisen, damit die Benutzer sich frei bewegen können, ohne dass ein Anprallrisiko durch feststehende oder überhängende Objekte, wie Äste von Bäumen, hängende Körbe für Blumenarrangements oder Schilder besteht.
  • wie hervorstehende Objekte, befestigten oder freistehenden Objekten und Pflanzen müssen einen angemessenen Kontrast zum Hintergrund aufweisen und/oder müssen deutlich mit Bodenindikatoren mit sichtbarem Kontrast gekennzeichnet werden, um gut sichtbar zu sein, wenn sie nicht außerhalb der Wegebegrenzung platziert sind.
  • die in einer Höhe über dem Boden, in der sie nicht durch einen Blindenlangstock erkannt werden können, müssen mit einem Sockel, Tastleiste oder einer Schutzabsperrung unterhalb dieses hervorstehenden Objekts versehen sein, um eine potentielle Gefährdung auszuschließen.
  • durch Glaswände, Glasscheiben oder andere transparente Hindernisse müssen kontrastreiche Markierungen besitzen, um sie hervorzuheben.
  • wie Poller müssen so gestaltet und angeordnet sein, dass sie von Menschen mit Sehstörung und von blinden Menschen erkannt werden und das Fortbewegen von Personen mit fahrbaren Mobilitätshilfen ermöglichen.

Thematik im Handbuch

Die konstruktive Ausbildung zu dieser Thematik ist im
Handbuch Teil 1 „IM DETAIL – Gestaltung barrierefreier Verkehrsraum
aufgezeichnet.

Bildbeispiele innerstädtisches barrierefreies Wegeleitsystem

Bild1: Der Materialwechsel auf der innerstädtischen Fußgängerroute zeigt einen funktionsgebundenen Verkehrsraum in Form von Fahrverkehr/Fußverkehr auf niveaugleicher Ebene. Der Gehbereich ist gekennzeichnet durch einen ausreichenden Kontrast von glatter, ebener, fugenarmer Plattenoberfläche, sodass mit dem Blindenstock die Gehwegbegrenzung am anthrazitfarbigen Kleinpflasterstreifen leicht und sicher wahrgenommen werden kann.

Bild 2: Die barrierefreie Fußgängerroute in dieser Parkanlage ermöglicht durch die Oberfläche aus Bitumenbeton, Benutzer von fahrbaren Mobilitätshilfen (z. B. mit Rollstuhl und Rollator), eine angenehme Berollbarkeit. Die Gliederung der Verkehrsfläche mit seitlichem kontrastierenden groben Pflasterstreifen ist maßgebend als Leitlinie für Personen mit dem Langstock.

Bild 3: Eine Fußgängerroute in Nähe eines offenen Wasserlaufes ist immer gefährlich, wenn keine taktile Höhenabgrenzung vorhanden ist. In diesem Fall muss, wie im Bild zu sehen, eine optische taktile Abgrenzung zum berollbaren Fußweg vorgenommen werden. Zur Einfassungsmauer des Wasserlaufes befindet sich ein taktiler anthrazitfarbiger Pflasterstreifen am anliegenden hellen Plattenbelag, der die barrierefreie Fußgängerroute definiert.

Bild 4: In öffentlichen Verkehrsräumen sind oft die Anforderungen von Menschen mit Behinderungen nicht berücksichtigt worden, sodass nachträglich eine barrierefreie Fußgängerroute für blinde und sehbehinderte Menschen erstellt werden muss. Wie im Bild zusehen, wurde in den grauen Granitkleinpflaster ein Leitstreifen mit Bodenindikatoren im Zusammenhang mit beidseitigem Begleitstreifen eingebettet. Dadurch ist eine zielführendes Wegeleitsystem entstanden. Auch Personen mit fahrbaren Mobilitätshilfen nutzen in diesem Zusammenhang den Begleitstreifen für ihre Befahrbarkeit.

barrierefreie Gestaltung Verkehrsraum - Plätze
Ausschnitt einer Fußgängerzone mit Aufenthaltsfunktion am Wasserspiel - ein Anziehungspunkt für Alle -

Bildliche Anwendungsbeispiele Grundfunktionen barrierefreier Räume

Linierug

barrierefreie Gestaltung Fußwege
Beispiele von taktilen Orientierungsmöglichkeiten im Freiraum für blinde und sehbehinderte Menschen
  1. Abb.: Geschlossene Häuserfront
  2. Abb.: Leitstreifen mit Bodenindikatoren
  3. Abb.: Taktiler u. visueller Pflasterstreifen
  4. Abb.: Rinnenabdeckung analog DIN 32984

Zonierung

barrierefreie Gestaltung Verkehrsraum - Zonierung
Beispiele von barrierefreien innerstädtischen Routen durch Materialwechsel im Seitenraum mit selbsterklärender Wegeführung

Vorteile:

  • angenehme Berollbarkeit des Plattenstreifens für Personen mit fahrbaren Mobilitätshilfen
  • gute Begehbarkeit des Plattenstreifens für alle Fußgänger
  • visuelle Wahrnehmbarkeit der Oberfläche für sehbehinderte Personen
  • taktile Wahrnehmbarkeit der Oberfläche für Personen mit dem Langstock

Kontrastierung

barrierefreie Gestaltung Verkehrsraum - Kontrastierung
Beispiel von Freiräumen mit verschiedenen Gestaltungselementen im Bezug zur Kontrastität

Bild links: Nur visueller Kontrast – kein taktiler Kontrast für Langstocknutzer
Bildmitte: Nur taktiler Kontrast – kein visueller Kontrast für Sehbehinderte
Bild rechts: Taktiler und visueller Kontrast – für Blinde und Sehbehinderte

HINWEIS
Nach dem Zwei-Sinne-Prinzip müssen im Bezug zur Barrierefreiheit der visuelle und taktile Kontrast gewährleistet sein (DIN 18040-3). Das Leitsystem im Freiraum kann auf separate Orientierung ausgerichtete sein, muss aber zusammenhängend (konsistent) umgesetzt werden.

Oberflächenbeschaffenheit barrierefreier Räume

Anforderungen
■ fest, eben, griffig, fugenarm bzw. engfugig,
■ rutschhemmend (SRT-Wert > 55)
■ erschütterungsarm berollbar, besonders für Rollstuhl- und Rollatornutzer
■ blendfreier Oberflächenbelag

 

So nicht!
Spaltraues Pflaster mit vielen Fugenanteilen erschweren das Befahren des Rollstuhls
(Oberfläche ist nicht barrierefrei)

So ist es richtig!
Ebene griffige Platten gewähren eine angenehme Begehung und Befahrbarkeit mit fahrbaren Mobilitätsmitteln
(Oberfläche mit barrierefreier Nutzung)

Thematik im Handbuch

sind im Handbuch
Teil 1, „IM DETAIL -Gestaltung barrierefreier Verkehrsraum“
aufgeführt.

ALLGEMEINE INFORMATION

Urbane Freiräume barrierefrei zu gestalten ist ein erklärtes Ziel in unserer Gesellschaft. Die barrierefreien Herausforderungen bestehen darin, diese Freiräume so zu gestalten, dass sie attraktiv und zugänglich sind sowie den Anforderungen verschiedener Nutzergruppen mit und ohne Behinderungen möglichst gerecht werden.

Die Planung dieser Freiräume unterliegen einen komplexen Beteiligungsprozess im Zusammenwirken der Nutzer, Anlieger, Politik, Ämter verschiedener Ressorts der Verwaltung, Migranten, Behindertenverbände, Landschaftsarchitekten sowie Straßen- und Verkehrsplaner etc.

Der öffentliche Freiraum ist im Sinne der Inklusion neu zu interpretieren und sollte entsprechende Entfaltungsmöglichkeiten im jeweiligen Stadtquartier schaffen. Eine hohe Aufenthaltsqualität mit Überschaubarkeit in der Betrachtung von

  • Orientierung,
  • Barrierefreiheit,
  • Sicherheitsempfinden (z. B. für Kinder, Eltern und für ältere Menschen) ist zu garantieren.

Für die Gestaltung barrierefreier Freiräume im Bezug der Auffindbarkeit, Erreichbarkeit, Zugänglichkeit und Nutzbarkeit im Fußgängerlängs und -querverkehr sind die nachstehenden Grundfunktionen zu beachten:

Grundfunktionen barrierefreier Räume

Linierung

durch taktile Leitlinien am Bestand sowie durch entsprechende Bauelemente
des Verkehrsraumes mit einer durchgängigen Ertastbarkeit des Weges
(z. B. äußere Leitlinie – taktile Borde > 6 cm Ansicht)
(z. B. innere Leitlinie – Gebäudekanten, taktile Randeinfassungen etc.)
mithilfe von taktilen Bodenelementen
Zielgruppe: Menschen mit Blindheit und Sehbehinderungen (Langstocknutzer)

Zonierung

in Form hindernisfreier Bereiche mit Hilfe von visuellen und taktilen
Materialwechsel (kontrastierenden Oberflächenbelag) für

  • unterschiedliche Nutzung einzelner Bereiche für Aufenthalt, Möblierung etc.
  • selbsterklärende Wegeführung

Zielgruppe: Menschen mit Gehbehinderungen, mit fahrbaren Mobilitätsmitteln, blinde und sehbehinderte Menschen

Kontrastierung

in Form hindernisfreier Bereiche durch visuellen und taktilen Materialwechsel für

  • unterschiedliche Nutzung einzelner Bereiche zum Aufenthalt, für Möblierung etc.
  • selbsterklärende Wegeführung

Zielgruppe: Menschen mit Gehbehinderungen, mit fahrbaren Mobilitätsmitteln, blinde und sehbehinderte Menschen

Novellierung

bedeutet Vermeidung von Stufen und Kanten innerhalb des Gehbereiches
Zielgruppe: Menschen mit Gehbehinderungen, mit fahrbaren Mobilitätsmitteln blinde und sehbehinderte Menschen

Die Komponenten Linierung, Zonierung, Kontrastierung einschließlich Nivellierung bilden im Kontext eine Einheit.

Grundlagen - Leitsystem

Planungsorientierung
  • Erstellung eines Gesamtkonzeptes zur Erschließung des räumlichen Umfelds (Parkplätze, ÖPNV, Straßenraum, Beleuchtung, Beschriftung etc.).
  • Anzustreben sind angemessene gestalterische und ästhetische Lösungen, keine abgekoppelte Einzelmaßnahmen
  • Integrierung städtebaulicher Anforderungen nach Bedarf der Implementierung des Denkmalschutzes, die Barrierefreiheit mit denkmalgeschützter Architektur ästhetisch und funktional im Einklang zu bringen!
Bauliche Anforderungen
  • Klare Linienführung und strukturierte Bepflanzung
  • Ausreichender Raum für komplexe Bewegungsvorgänge, Aufenthalt und Stadtmobiliar
  • Optischer Kontrast zwischen Hauptwegen und seitlicher Nutzung (z. B. Geschäftsauslagen, Werbung und Verweilflächen mit Sitzbänken und Tischen)
  • Hauptwegerichtungen in ausreichender Breite (mindestens 2,00 m, wenn kein Sicherheitsraum erforderlich ist)
  • möglichst stufenlos (Rampenausbildung)
  • Beachtung der zulässigen maximal Längs- und Querneigung
  • Einhalten der lichten Höhe (von mindestens 2,25 m)
  • Ausreichende blendfreie Beleuchtung in den Hauptwegebeziehungen
  • Gewährleistung der Feuerwehrzufahrt
  • gut sichtbare Wegebeschilderung (DIN 32975)

Orientierungsmöglichkeiten für Blinde und Sehbehinderte

Schaffung eines geschlossenen Leitsystems durch taktile und visuelle erkennbare Wegeführung (z.B. Leitstreifen oder Rinne, wenn Häuserfront oder sonstiges nicht
möglich ist)

  • auf Plätzen und große Gehbereiche (Fußwegbreite > 8 m)
  • an Wegeführung mit Lücken
  • an Aufzügen
  • bei Verkehrsflächen mit Niveauwechsel (z.B. Treppenanlagen)
  • an Zugänge zu öffentlichen Verkehrsmitteln
    (Haltestellen, Taxistände, Bahnsteigen)
  • bei Eingängen öffentlicher Gebäude (Rathäuser, Gerichtsgebäude, Krankenhäuser)
  • an Überquerungsstellen evtl. über Fahrbahnen (Pflasterstreifen)

Weitere Informationen mit Entwurfsbeispielen über barrierefreien Freiräumen wie,

  • Platzgestaltung
  • Fußgängerzone
  • Verkehrsberuhigter Bereich
  • Shared Space-Bereich

 

Bodenindikatoren mit Hohlkörper in Noppen- und Rippenstruktur
Bodenindikatoren mit Hohlkörper in Noppen- und Rippenstruktur

Blinde und sehbehinderte Menschen nutzen für ihre Wegefindung alle
taktilen, visuellen und akustischen Informationen, die ihnen aus der
natürlichen und gebauten Umwelt zugänglich sind. Diese Informationen
sind jedoch nicht immer zuverlässig oder ausreichend erkennbar.
Deshalb sind Bodenindikator entwickelt worden, die als standardisiertes
Bodenelement mit Rippen- oder Noppenstruktur zur Information,
Orientierung, Leitung und Warnung dienen. Für blinde und sehbehinderte
Menschen müssen diese Bodenindikatoren einem hohen taktilen, visuellen
und gegebenenfalls akustischen Kontrast zum angrenzenden Bodenbelag
aufweisen (vgl. DIN 32984).

Bodenindikatoren aus Hohlkörpern

Die veränderte Akustik vom Aufmerksamkeitsfeld an der Drehflügeltür gegenüber den anliegenden Bodenindikatoren vom Leitsystem aus Faserbeton macht deutlich, dass hier der Eingang zu Mensa beginnt.

Die Bodenindikatoren aus Hohlkörpern bestehen aus Polymerbeton verfügen über einen hohlen Innenraum und bestehen lediglich aus Wänden, Boden und einer Abdeckung. Dadurch entstehen beim Kontakt mit dem Langstock eine erhöhte Frequenz und eine eindrucksvolle akustische Wahrnehmung. Diese Eigenschaft ist besonders vorteilhaft als Warnelement, z. B. für Einstiegsfelder an Haltestellen, Aufmerksamkeits- felder an Türen und Treppen sowie als Abzweigfeld im Leitsystem.

Entwässerungsrinne mit Abdeckrost als akustische Leitlinie
Entwässerungsrinne mit Abdeckrost als akustische Leitlinie

Die taktile Erkennbarkeit mit dem Langstock lässt sich zu den allgemein bekannten Bodenindikatoren aus Beton auch durch physikalische Veränderungen (Hohlkörper) und durch auffällige Materialien mit akustischen Eigenschaften verbessern, z. B. durch Keramik, Kunststoff oder Metalle bzw. aus Grauguss in der Struktur von Rippen- und Noppenprofil.
Die Abdeckungen von Entwässerungsrinnen können als Leitlinie in Verkehrsflächen geeignet sein, wenn ihre Struktur sich taktil und visuell eindeutig von der Umgebung unterscheidet. Sie können als ein Element in ein Leitsystem eingebunden werden (vgl. DIN 32984).

Leitelemente aus Rostabdeckungen

Proband mit Langstock testet die auditive Nutzbarkeit eines Rinnen-elementes mit Graugussabdeckung als Leitlinie. Der helle akustische Klang vom Rinnenelement ermöglicht die Einhaltung der Gehrichtung bis zum
Rinnenende.

Rinnenelemente mit Abdeckrosten ohne Leitprofil sind nur bedingt geeignet. Im Querschnitt der Nennweite von ca. 15 cm ist eine akustische Wahrnehmung mit dem Langstock zu den anliegenden Bodenplatten möglich. Die Anwendung kann sein zum Beispiel an einer Grundstücks- zufahrt, wenn die Oberflächenentwässerung zur öffentlichen Verkehrsfläche unterbunden werden muss.

BIRCO-Abzweigfelder im Leitsystem
Darstellung von Entwässerungsrinnen mit Abzweigfeldern zur Richtungsänderung im Leitsystem

Anmerkung:
Zur Ableitung von Oberflächenwasser werden oft zur Linienentwässerung von Plätzen, Fußgängerzonen etc. Rinnenelemente mit Graugussabdeckungen eingesetzt. Durch den höheren Klangton der Graugussabdeckung im Zusammenhang mit dem Hohlraum der Kastenrinne, entsteht eine hervorragende akustische Leitfunktion mit dem Langstock. Im Kontext der Nutzung dieser Rinnenelemente für blinde und sehbehinderte Menschen, lassen sich die Abdeckungsaufsätze in Rippen- und in Noppenstruktur gut in das Leit- und Orientierungssystem nach Vorlagen der DIN 32984 integrieren. Die Entwässerungsrinnen können in Kombination von Noppen- und Rippenabdeckplatten zu Abzweigfeldern zusammengefügt werden. Das Rastermaß beträgt 100 cm x 90 cm. Entsprechend der Fließrichtung des Oberflächenwassers ist die Rinnensohle dementsprechend anzupassen (siehe Skizze).

Vorteile für die barrierefreie Nutzung:

  • hohe akustische Taktilität mit dem Blindenlangstocknutzer
  • variable Farbgebung der Rinnenoberfläche zum visuellen Kontrast für Sehbehinderte

Voraussetzungen für die barrierefreie Nutzung:

  • sinnvolles Einbinden an das Leitsystem nach DIN 32984
  • Rippenhöhe: 5 mm
  • Rastermaße: 500 mm x 287 mm/ x 30 mm (L/B/H)
  • Gewährleistung des Rutschwiderstandes nach SRT- Wert > 55
  • Rutschhemmende Eigenschaft: R10 (DIN 51130

Thematik im Handbuch

Anwendungsbeispiele zu akustischen Bodenindikatoren sind im Handbuch „IM DETAIL – Gestaltung barrierefreier Verkehrsraum, Teil I und Teil II“ aufgezeichnet.

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